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Die Herrscherfamilien (Ruling Families) der Golfstaaten


Die Familie: Das "zentrale Nervensystem" der Golfstaaten

Auch nach einem halben Jahrhundert der Unabhängigkeit bleibt „die Familie“ das wichtigste Elemente innerhalb der sozioökonomischen Strukturen der sechs Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) und bildet das „zentrale Nervensystem“ von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in diesen Ländern.

In den Gesellschaften der arabischen Halbinsel ist „die Familie“ eingebettet in eine durch Verwandtschaft (kinship) konstituierte größere Struktur, nämlich den Familien-Clan. Die Stärke der Familiensolidarität wird also verstärkt durch Sippschaftssysteme, welche die verwandtschaftliche Linie und insbesondere auch die männliche Abstammungslinie bewahren. In früheren Zeiten zumindest war der Clan eine Untergruppe (Sektion) des Stammes. Manchmal schlossen sich mehrere Stämme zu einer Stammeskonföderation zusammen, oft unter Führung eines obersten Scheichs (Tamimah).

Die führende Familie innerhalb des Stammes stellte den Scheich, so dass man sie auch als „Scheichfamilie“(Shaikhly Family)“ bezeichnen kann. Aus diesen Scheichfamilien haben sich dann im Laufe der Entwicklung die „Herrscherfamilien (Ruling Families)“ entwickelt. Und schließlich die „Kaufmannsfamilien (Merchant Families)“, die in allen Golfstaaten schon seit langer Zeit die dritte Säule der Gesellschaft darstellten.

Diese drei Gruppen repräsentierten die Topeliten in den Golfstaaten, die sowohl die politische wie auch die wirtschaftliche Macht ausübten. Mit den enormen wirtschaftlichen und sozialen Änderungen der vergangenen Jahrzehnte wurden die Monopole dieser Gruppen sicherlich aufgebrochen. Aber sie halten – angeführt und dominiert von den Herrscherfamilien - immer noch die Vorherrschaft an Autorität, Macht und Wohlstand.

Im Folgenden soll ein Überblick auf die Genese und einige Charakteristika der zwölf Herrscherfamilien in den sieben Golfstaaten gegeben werden, ergänzt um einen aktuellen Blick auf einige wichtige Personalia dieser Familien.

Vom Stamm zum Staat - Vom Scheich zum Herrscher

Bei einer kurzen Skizzierung der Entwicklung von den Stammesgesellschaften zu den heutigen Nationalstaaten auf der Arabischen Halbinsel, sowie damit einhergehend der Führungsstrukturen, kann man drei Phasen unterscheiden:

Erstens der Aufstieg mächtiger Stämme aus dem Hinterland zu politischer Prominenz bei gleichzeitiger Etablierung von Siedlungen entlang der Küste des „Persischen Golfs“. Zweitens die Aneignung von autokratischer Macht durch die Scheichs dieser Stämme und drittens die Herausbildung von territorialen Staaten mit einer Verfassung.

Der erste Schritt, die Konzentration von Macht und die Etablierung erster Siedlungen wurde geschaffen von den zunächst relativ lose zusammenhängenden Stämmen, indem sie eine starke zentrale Führung entwickelten und von einer nomadischen bzw. semi-nomadischen Existenz zu festen Niederlassungen wechselten.

Hauptgrund hierfür dürften Veränderungen in der Bestreitung des Lebensunterhaltes gewesen sein, wie etwa der Übergang von Weidewirtschaft zu Landwirtschaft und Fischfang oder auch das Perlentauchen. Auch die vermehrten und vielfältigeren Formen des Handels werden dabei wohl eine zentrale Rolle gespielt haben. In gewisser Weise reflektierten diese Änderungen insofern ein altbekanntes Muster tribaler Wanderungen auf der arabischen Halbinsel, als immer wieder Stämme gezwungen wurden, unter dem Druck von anderen Stämmen Sicherheit und Unabhängigkeit in neuen Gebieten zu suchen. Ein Beispiel ist etwa die Wanderung des Al-Khalifa Clans im 18. Jahrhundert von Zentralarabien in das heutige Kuwait, von dort weiter nach Katar und schließlich nach Bahrain, wo er sich als „Ruling Family“ etablieren konnte.

Die Etablierung von Siedlungen an der Küste etwa in Al-Manama, Al-Dowha (Doha), Abu Dhabi und Dubai war aus vielen Gründen mehr als nur ein einfacher Ortswechsel. Denn aus dem Akt der Auswahl eines permanenten geographischen Zentrums resultierte auch die Identifikation zwischen dem Stamm und seiner Siedlung. Gleichzeitig erforderte dieser Wechsel von der Beduinenkultur zur „Hadar-Kultur’ (als „Hadar“ werden die sesshaften Bewohner solcher Siedlungen bezeichnet im Gegensatz zu den nomadisierenden „Bedu“) auch die Herausbildung einer stärkeren politischen Autorität. Denn es wurde gleichzeitig auch zu einem Schritt in der Entwicklung der Führungsstruktur von einem Stammesscheich hin zu einem Beschützer eines Territoriums, also zu einem „Hakim“ oder „Emir“. So etablierten sich in diesen Siedlungen führende Familien, die schließlich in den späteren Staaten die Herrscherfamilien (Ruling Families) darstellten. In diesem Kontext verstärkte sich auch das ursprüngliche Konzept der Zeremonie der „Mubaia“, der Huldigung und der Ausdruck der Ehrerbietung und die Akzeptanz und Anerkennung des starken Bündnisses mit dem Stammesführer hin zu einer Anerkennung als „Herrschers“ über ein ganzes Territorium.

Auch begannen die wichtigen Scheichs zunehmend Verantwortung für alle Mitglieder ihres Stammes zu übernehmen, selbst da, wo einige der Stammesangehörigen physisch vom Rest des Stammes getrennt waren.

Die führenden Scheichs waren auch bestrebt, ihre herrschende Stellung dadurch zu stärken, dass sie bereits existierende Bündnisse unter Stämmen in permanente Stammeskonföderationen umwandelten, eine Politik, die ganz besonders geschickt von den Scheichs von Abu Dhabi verfolgt wurde.

Schließlich eröffnete die Etablierung von Siedlungen an der Küste auch die Möglichkeit, mehr Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen, was den zusätzlichen Effekt hatte, dass neue Ideen ausgetauscht werden konnten und damit die alten traditionellen Bräuche und auch traditionellen Überzeugungen geschwächt wurden.

Von dieser dargestellten generellen Entwicklung, nämlich dem Aufbau von Siedlungen an der Küste, gilt es jedoch nennenswerte Ausnahmen. Eine davon ist die bereits seit langem bestehende Seefahrttradition an den Küsten von Ras al Khaimah, dem früheren Julfar. Ein weiteres Beispiel für eine andere Entwicklung sind die landwirtschaftlichen Siedlungen im Norden der Insel Bahrain, die von den Ureinwohnern von Bahrain, den „Baharna“ -eine Mischung von arabischen und persischen Ursprüngen, überwiegend schiitischen Glaubens – betrieben wurde.

Auch Oman, das älteste Staatswesen auf der arabischen Halbinsel und auch das Königreich Saudi-Arabien unterscheiden sich ein wenig von den o.a. Entwicklungsstadien, doch die tribalen Elemente waren auch hier stark prägend.

Die zweite Phase in der politischen Entwicklung des Golfs, nämlich die Konzentration politischer Macht in den Händen einiger weniger Scheichs,

ist zu einem guten Teil den Aktivitäten Großbritanniens am Golf über die letzten 150 Jahre geschuldet. Britanniens Vorherrschaft über die südliche Golfküste seit dem frühen 18. Jahrhundert manifestierte sich zunächst in der Auferlegung von Beschränkungen für die arabische Bevölkerung hinsichtlich der Seefahrt. Dies war aus britischer Perspektive besonders wichtig, weil die britisch- indische Gesellschaft, welche die sehr profitable maritime Route zwischen Bombay und Basra kontrollierte, sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts über heftige Piratenakte auf ihre Schiffe beschwert hatte. Obwohl die Authentizität dieser Beschwerden bestritten ist und manche Historiker behaupten, dass die Gesellschaft diese selbst erfunden habe, hauptsächlich um regionale Handelsrivalen loszuwerden, reagierte Großbritannien nichtsdestotrotz zur Zufriedenheit der Gesellschaft und veranlasste zwischen 1898 und 1913 eine Serie von maritimen Attacken auf verschiedene Häfen in der unteren Golfregion. Nachdem die Bedrohung durch die Piraterie vorbei war, begann Großbritannien den verschiedenen identifizierbaren Scheichtümern in der Region Schutzverträge anzubieten. Auf diese Weise wurden die verschiedenen Herrscherfamilien seitens Großbritannien als Oberhäupter der „Trucial States“ anerkannt, übergaben die Kontrolle über ihre Außenpolitik an Großbritannien und garantierten im Austausch für den Schutz durch das britische Empire, dass keine weiteren Piratenakte erfolgen werden. Nach verschiedenen Verlängerungen dieser Verträge wurden sie 1853 permanent gemacht unter dem „Perpetual Maritime Truce“, ein festes und gegenseitig vorteilhaftes Arrangement, dass für mehr als ein Jahrhundert in Kraft blieb.

Das dichte Netz von Waffenstillstandsvereinbarungen, das durch dieses Dokument geschaffen wurde, hatte in der Konzeption der Briten zur Folge, dass die Scheichs in den einzelnen Siedlungen - also die „Trucial Sheikhs“- politische Autorität über alle Einwohner dieser Siedlungen hatten. Mit anderen Worten, ihre Position wurde immer mehr als die eines „Hakim“ („Ruler“) und nicht mehr nur als die eines traditionellen Stammesführers definiert. Durch diese Anerkennung, die sie dadurch von den Briten erhielten, hatten die „Trucial Sheikhs“ innerhalb des Stammes zunächst keine unmittelbaren Vorteile bzw. keine über ihre traditionelle Stellung hinausgehende Position. Der Status auch eines „Trucial Sheikh“ innerhalb der Stammesorganisation hing anfangs nach wie vor davon ab, wie geschickt er darin war, sich die Unterstützung des Stammes bzw. der herrschenden Clans in diesem Stamm bzw. der Stammeskonföderation zu sichern.

Die dritte Phase, die Entwicklung dieser Siedlungen zu einem Territorialstaat,

begann mit der zunehmenden Involvierung Großbritanniens auch in die inneren arabischen Angelegenheiten.

Die „Trucial Sheikhs“ wurden von den Briten verantwortlich gemacht für alle ihnen unterstellten Stammesgemeinschaften. Dadurch veränderte sich zunehmend auch intern ihre Stellung von einem „primus inter pares“ zu einem Autokraten.

Die Etablierung von britischem Schutz für die Siedlungen in den frühen 1890iger Jahren formalisierte nicht nur die britische Haltung gegenüber den „Trucial Sheikhs“, sondern verlieh auch gleichzeitig dem Konzept des Scheichtums einen formellen Charakter. In diesem Stadium bedeutete der Begriff „Scheichtum“ also eine embryonale territoriale Einheit, die sich geographisch um eine Siedlung zentrierte und die unter der politischen Kontrolle eines autokratischen Stammesscheichs stand, der ein bestimmtes Maß an Verantwortung für die Region (dirah) der mit ihm verbündeten Stämme hatten. Die damit einhergehende territoriale Souveränität verstärkte wiederum die Legitimität der „Trucial Sheikhs“ und ihrer Familien.

Nichtsdestotrotz wurde, trotz des relativ frühen Aufkommens des Konzepts des Scheichtums, erst vor relativ kurzer Zeit Einigung darüber erzielt, welche Siedlungen, speziell entlang der „Trucial Coast“, überhaupt ein Scheichtum darstellten. Die Stadt Kalbah zum Beispiel wurde von 1936 bis1951 als selbständiges „Trucial Scheichtum“ betrachtet, während etwa Ras Al Khaimeh und Al Fujeirah, zwei der sieben Emirate der späteren Vereinigten Arabischen Emirate, diesen Status erst 1951 bzw. 1952 erlangten.

Der endgültige Durchbruch, die Scheichtümer zu Staaten zu entwickeln, kam mit der Entdeckung des Erdöls und der damit verbundenen Notwendigkeit, feste Grenzen zu markieren. In den frühen dreißiger Jahren wurden die ersten Erdöl-Konzessionen für Bahrain und Katar vergeben und kurz darauf wurden für verschiedene Scheichtümer entlang der „Trucial Coast“ Explorationsverträge unterzeichnet. Alle diese und nachfolgende Verträge wurden - unter den wachsamen Augen der britischen Regierung - verhandelt zwischen Unternehmen auf der einen Seite und den „Trucial Sheikhs“ auf der anderen Seite. Bei der Verhandlung und Vergabe von Konzessionen durch die Herrscher ging man von der Annahme aus, dass die „Trucial Sheikhs“ Souveränität hatten über das ganze Territorium zwischen der Golfküste und den Grenzen des Sultanats von Maskat und Oman. Dies, obwohl die Grenzen einzelner Scheichtümer noch nicht endgültig definiert waren. Das bekannteste Beispiel der Schwierigkeiten, die dabei auftraten, war in den fünfziger Jahren der langwierige Disput zwischen Saudi-Arabien und Großbritannien, das für die Scheichtümer agierte, über die Grenzen zwischen Katar bzw. Abu Dhabi und Saudi-Arabien. Die hohen Erwartungen, im nordwestlichen Teil der Ruba Al Khali Wüste Öl zu finden, hatte das Begehren Saudi-Arabiens entfacht, seine Kontrolle über Teile der Al-Buraimi Oase (im heutigen Al-Ain) zu festigen, was zu Konflikten mit den Scheichtümern von Abu Dhabi und dem Sultanat von Oman führte und außerdem zu Konflikten einiger amerikanischer Individuen gegen britische Individuen. Obwohl – nach dem Abbruch eines erfolglosen Schiedsverfahrens in Genf - die Saudis im Jahre 1955 durch die von britischen Offizieren befehligten „Trucial Oman Scouts“ aus Al-Buraimi hinausgetrieben wurden und damit eine de facto Lösung dieser Grenzfrage erreicht wurde, wurde ein formelles Abkommen über die saudisch-katarische Grenze erst 1965 erreicht und erst im Jahre 1974 konnten sich Saudi-Arabien und Abu Dhabi über ihre gemeinsame Grenze verständigen. Bis heute erreichten Saudi-Arabien und Oman keine Einigung über den genauen Grenzverlauf, wobei dort die Gebirgsregion eine genaue Fixierung von Grenzen noch zusätzlich erschwert.

Trotz des Dilemmas über die Grenzen setzten die Ölgesellschaften ihre Bohrungen fort und förderten schließlich in den meisten der Scheichtümer Erdöl.

Der Wohlstand, der mit neuen Ressourcen kam, versetzte die glücklichen Herrscher der so gesegneten Scheichtümer in die Lage, aus dem Vollen zu schöpfen und damit auch ihre Position im Inneren zu konsolidieren, wie auch ihr Prestige auf Kosten derjenigen Herrscher zu vermehren, in deren Scheichtum kein Öl gefunden wurde.

Selbst vor den aktuellen Ölfunden und den dadurch fließenden Einnahmen versetzten schon vorher die moderaten Gebühren für die Gewährung einer Bohr-Konzession die Herrscher in die Lage, die traditionelle Praxis der Freigebigkeit auf einem höheren Niveau weiter zu betreiben, um ihr Prestige und ihre Reputation unter den Stammesmitgliedern zu mehren. Als dann die Einnahmen aus den Ölexporten zufließen begannen, setzten die meisten Herrscher zu einem ehrgeizigen Programm der sozioökonomischen Entwicklung an. Zum ersten Mal wurden Grundleistungen wie Straßenbau, Häuserbau, Erziehungswesen und Gesundheitswesen angegangen, was dem Scheich den Respekt der Bevölkerung sicherte und gleichzeitig der Institution des Stammesführers neue Funktionen gab.

Der neu gewonnene Reichtum veränderte damit das, was anfangs noch ein rudimentäres Regierungswesen auf einem relativ personalisierten Niveau war, zu einem sehr viel komplexeren Gebilde. Funktionale Regierungsinstitutionen wurden etabliert, feste Gebäude wurden errichtet, ausländische Experten wurden angeheuert für die Verwaltung, die Ausbildung und den Aufbau einer Staatsbürokratie.

Die Golfstaaten erlangten schließlich im Jahre 1971, nachdem Britannien seinen Abzug aus der Region bereits im Jahre 1968 angekündigt hatte, ihre völlige Unabhängigkeit, ohne in Instabilität zu verfallen, was Einige befürchtet hatten.

Die Gestaltung der Verfassung der Vereinigten Emirate brachte auch in bemerkenswerter Weise die durch die Ölfunde bewirkte Änderung der „Augenhöhe“ zwischen den Führern der verschiedenen Scheichtümer klar zum Ausdruck gebracht: Während früher die Al-Qasimi der nördlichen Siedlungen die größte Macht hatten und den größten Respekt als die führende Herrscherfamilie an der „Trucial Coast“ genossen, bevorzugten die Vereinbarungen von 1971 eindeutig die Al-Nahyan von Abu Dhabi und die Al-Maktum von Dubai insofern, als diese beiden Herrscherfamilien die Präsidentschaft, die Vizepräsidentschaft und die meisten wichtigen Positionen im Kabinett der neuen Föderation für sich beanspruchen konnten.

Die Gründung der „Vereinigten Arabischen Emirate“ war auch Resultat der wichtigen Erkenntnis, dass die individuellen Herrscher in ihren Mini-Staaten ihre separaten Wege nicht unbegrenzt weiterverfolgen konnten, sondern innerhalb der größeren politischen Einheit einer Föderation operieren mussten.

So verweigerte sich das Al-Qasimi Scheichtum von Ras Al Khaimeh zunächst der neuen Föderation in der Hoffnung, dass man auf seinem Territorium doch noch Erdöl finden werde. Sein unabhängiger Status währte allerdings nur drei Monate und schließlich war das Emirat gezwungen, der Föderation beizutreten, ohne dass eine der Bedingungen erfüllt wurde, die es ursprünglich für den Beitritt gestellt

hatte.

Stammesmäßige Komponenten des Herrschaftssystems und der modernen Staatsentwicklung

Das östliche Arabien stützt sich, obwohl der Staat den Stamm als primäre politische Einheit ersetzt hat, immer noch zu einem großen Maße auf verschiedene tribale Komponenten.

Die offensichtlich sichtbarste und wichtigste davon ist sichtbar bei der Funktion der und politischen Position der Herrscherfamilie.

Manche Autoren sprechen hierbei von dem Konzept des urbanen Tribalismus und führen dazu aus, dass Legitimität, Autorität und bewährte Zuordnung innerhalb des politischen Systems bei einer mächtigen herrschenden Familie aufgehoben sind, die den Regierungsprozess betrachtet als eine Synthese zwischen einer altbewährten stammesmäßigen Tradition und einer funktional limitierten Form von öffentlicher Verwaltung.

Die herrschende Familie stellt sowohl den Herrscher wie auch den Kronprinzen, der möglicherweise auch als Vize-Herrscher agiert. Andere Mitglieder der Familie haben die wichtigen Ministerposten und auch das Kommando der Streitkräfte inne, teilweise um die Macht innerhalb der Familie zu halten und auch teilweise, um die Ambitionen enger Verwandter zu befriedigen.

Neben ihrem politischen Primat erfreuen sich die Herrscherfamilien auch eines hohen Status infolge ihres Reichtums, ihrer Erziehung, und - zunehmend in den letzten Jahren – auch ihrer kommerziellen Verbindungen.

Die Elite der Herrscherfamilie wird ergänzt von einer zweiten Elitegruppe, die Scheichs von anderen wichtigen Stämmen. Schließlich von den wichtigen Kaufmannsfamilien, die vor vielen Jahren aus anderen Ländern am Persischen Golf, vornehmlich aus Gebieten des heutigen Iran, eingewandert sind. Das Bündnis dieser beiden Elitegruppen, den Stammesführern und den Kaufmannsfamilien Gruppe mit dem Staat und dem Herrscher wurde auch gesichert durch Subventionen oder Privilegien, Vergabe von Regierungs-, oder Botschafterposten, wichtige Posten in der Armee, Sitze in der Beratenden Versammlung oder auch durch Einheirat in die Herrscherfamilie.

Das Anwachsen der Autorität der Regierung durch die von ihr zur Verfügung gestellten Dienste führte zu einer Erosion des Stammeswesens, da nunmehr Vieles durch den Staat geleistet wurde, was früher vom Stamm erbracht wurde.

Im Zuge dieser Entwicklung wurde auch allmählich die Position der verschiedenen Trucial Sheikhs immer autokratischer. Waren sie früher schlicht der mächtigste Stammesscheich in ihrer unmittelbaren Umgebung, so erwarben sie schließlich umfassende politische Autorität über die gesamte Einwohnerschaft in ihrem Scheichtum.

Ganz langsam verminderte sich auch der Einfluss derjenigen Scheichs, die nicht „Trucial Sheikhs“ waren. Ihre traditionelle Rolle als Vermittler zwischen dem Herrscher und den Mitgliedern des jeweiligen Stammes, denen der Scheich vorstand, wurde ersetzt durch die Einrichtung von Regierungsstellen, die direkten Kontakt mit der Bevölkerung hatten, wie etwa Stadtverwaltungen, Krankenhäuser, Schulen sowie Programmen für Straßenbau und landwirtschaftliche Entwicklung. Durch den Erlass von Gesetzen und den Aufbau eines staatlichen Gerichtssystems wurde auch das traditionelle Stammesrecht („Urf“) und die Rolle des Scheichs als Schlichter zurückgedrängt.

All das vergrößerte auch die Distanz zwischen der jeweiligen Herrscherfamilie auf der einen Seite und der beiden anderen Elitegruppen, den Scheichfamilien und den Kaufmannsfamilien, auf der anderen Seite. Dank der Öleinnahmen haben sich die Herrscherfamilien sozusagen auf ein neues Level emanzipiert und als selbständige politische Elite etabliert. Dennoch werden die alten Muster in modifizierter Form wohl auch auf absehbare Zukunft bestehen bleiben, insbesondere, weil die Rückkoppelung an früher geltende Muster den Herrscherfamilien auch einen Legitimitätsrahmen verleiht, der letztlich in der alten Stammessolidarität begründet ist.

Natürlich werden diese Entwicklungen in den einzelnen Golfstaaten auch in vielen Aspekten unterschiedlich verlaufen. Denn trotz aller oben dargestellten Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten ist doch die genealogische Geschichte der einzelnen Herrscherfamilien unterschiedlich. Jede der zwölf Herrscherfamilien auf der Arabischen Halbinsel hat auch ihre eigene Geschichte und ihre eigenen Charakteristika. Auf einige wichtige Aspekte soll in den folgenden Ausführungen eingegangen werden.

Die Herrscherfamilien am Golf

Die Al-Nahyan Familie in Abu Dhabi

Die Al-Nahyan stammen aus der Al Bu Falah Sektion der berühmten Stammeskonföderation der Bani Yas, die einst wohl aus dem Gebiet des Oman und Jemen in das heutige Gebiet von Abu Dhabi wanderten und zunächst überwiegend die Oasen im Landesinnern bevölkerten.

Ihre Macht verdankten sie der Kontrolle der Wasserstellen, im Gegensatz etwa zu den Herrscherfamilien der Al-Qasimi (Sharjah und Ras Al Khaimah) oder der Al- Na’im (Ajman), die ihre Macht auf Seefahrt und Handel gründeten.

Ist die Geschichte des Aufstiegs der Al-Nahyan fraglos eng mit der Rolle und Politik Grossbritanniens verknüpft und haben die Al-Nahyan auf Kosten etwa der früher dominanten Al-Qasimi von der britischen Schutzherrschaft sehr profitiert, so ist die frühe Geschichte von Abu Dhabi auch sehr stark die Geschichte zweier Patriarchen.

Der erste, Sheich Khalifa Bin Shakbut Al-Nahyan, festigte - nachdem er allerdings gemeinsam mit einem anderen Bruder im Jahre 1833 seinen Halbbruder, den damaligen Herrscher, Scheich Tahnoun Bin Shakbut Al Nahyan, getötet hatte - zu Beginn des 19. Jahrhunderts in oft blutigen internen und externen Machtkämpfen die Position der Al-Nahyan Familie als führender Clan innerhalb der Stammesföderation der Bani Yas und darüber hinaus auch unter anderen alliierten Stämmen, wie etwa der großen Stämme der Al- Suwdan, der Al-Manasir oder der Al- Dawahir.

Der zweite Patriarch, Scheich Zayed Bin Khalifa Al Nahyan konnte – gesegnet mit einer langen, mehr als 40 - jährigen Herrschaft – den Einfluss der Al- Nahyan von Abu Dhabi über die Stämme und große Teile des Territoriums von Abu Dhabi ausbauen. Dies sowohl im Hinterland als auch an der Küste, wo auf einer, der Küste vorgelagerten, Insel eine befestigte Siedlung, die spätere Hauptstadt, Abu Dhabi, errichtet wurde. Ebenso gelang es ihm, weitere Inseln und Küstenregionen, vor denen reiche Perlengründe lagerten, zu kontrollieren.

Unter der Herrschaft von „Zayed dem Grossen“ wie er auch genannt wird, wehrte Abu Dhabi auch verschiedene Attacken der saudisch-wahabitischen Allianz ab, die versucht hatte, nicht nur ihre puristische wahabitische Version des Islam zu verbreiten, sondern sich auch insbesondere das Gebiet um die Al Buraimi Oasen einzuverleiben.

Wie auch bei anderen Herrscherfamilien in der Nachbarschaft war die genealogische Geschichte der Al-Nahyan indes nicht ohne Turbulenzen. Insbesondere die Nachfolge von einem Herrscher zum anderen verlief nicht immer glatt und es gibt zahlreiche Episoden von Meuchelmorden, Palastrevolutionen und erzwungenen Absetzungen.

Allein in dem kurzen Zeitraum zwischen 1909, dem Todesjahr von Sheich Zayed „dem Grossen“ und 1928, dem Amtsantritt von Sheich Shakbut Bin Sultan Al-Nahyan, gab es fünf Herrscher.

Auch Sheikh Shakbut wurde im Jahre 1966 abgesetzt und zwar, mit britischer Unterstützung, von seinem Bruder, Sheikh Zayed Bin Sultan Al-Nahyan.

Diese Absetzung war unblutig, hatte doch die Mutter ihren beiden Söhnen bereits in ihren jungen Jahren das Versprechen abgenommen, sich unter keinen Umständen gegenseitig Gewalt anzutun, nachdem ihr Vater, Sheich Sultan Bin Zayed, nach nur vierjähriger Amtszeit gewaltsam zu Tode gekommen war, ebenso wie ihre beiden Onkels, Sheikh Hamdan Bin Zayed und Saqr Bin Zayed.

Sheich Shakbut verbrachte denn auch, nach einem kurzen Aufenthalt im Exil, noch einige friedvolle Lebensjahre in Abu Dhabi.

Die Absetzung von Sheich Shakbut und der Amtsantritt seines Bruders, Scheich Zayed wird allerdings in der Geschichte Abu Dhabis und der gesamten VAE als wahrer Segen betrachtet, hatte sich doch Sheikh Shakbut hartnäckig geweigert, die immer reichlicher fließenden Öleinnahmen für die Modernisierung des Landes auszugeben und sich in die geopolitischen Realitäten an der neuen „Tankstelle der Weltwirtschaft“ am Golf einzufügen.

Der neue Herrscher von Abu Dhabi, Sheikh Zayed, wurde nicht nur unbestritten zum wohl größten Sohn der Herrscherfamilie der Al-Nahyan, sondern wird auf Grund seiner Rolle bei der Gründung und Entwicklung der Vereinigten Arabischen Emirate auch bis heute als „Vater der Nation“ verehrt, dessen Fähigkeiten sowohl seinem Emirat Abu Dhabi, wie auch den VAE als Ganzes sehr zugute kamen und das Land, gesegnet mit erheblichen Einnahmen aus Erdölexporten, wirtschaftlich in die Spitzengruppe nicht nur der arabischen Welt brachte.

Scheich Zayed hatte sich bereits während der Amtszeit seines Bruders als Administrator und Modernisierer von Al-Ain einen Namen gemacht, hatte Großbritannien besucht und erwarb sich dort das Vertrauen der Regierung. Er genoss auch bei den Stämmen weit über das Gebiet von Abu Dhabi hinaus als Politiker, Krieger, wie auch als Schlichter von Stammesfehden großes Ansehen.

Dies ermöglichte ihm, die führende Rolle bei der Gründung und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) im Jahre 1971 zu spielen.

Denn die Staatsbildung den VAE war ziemlich kompliziert, nicht zuletzt wegen der Existenz einer föderalen Regierung nach der Unabhängigkeit auf der einen Seite und auf der anderen Seite der gleichzeitig weiterbestehenden Existenz von verschiedenen Regierungen und Administrationen auf der Ebene der einzelnen Emirate, die ihrer jeweiligen Herrscherfamilie verantwortlich war.

Da Abu Dhabi den Löwenanteil der Ölreserven der Vereinigten Arabischen Emirate kontrollierte und die Hauptstadt der VAE war, wurden dort auch die meisten Ministerien angesiedelt. Aber weder die Landesverteidigung noch die Justiz wurden der Bundesregierung übertragen, da man befürchtete, dass eine zu schnelle Integration von Schlüsselministerien den Status und das Prestige der autonomen Emirate beeinträchtigen würde und damit Friktionen und Instabilität vorgezeichnet wären. Und in der Tat, als Abu Dhabi in den späten siebziger Jahren versuchte, die jeweiligen Streitkräfte der einzelnen Emirate zu einer einheitlichen Armee zu formieren, drohten sowohl Dubai als auch Ras Al Khaimah mit ihrem Rückzug aus der Föderation und verursachen damit eine ernsthafte Verfassungskrise.

1990 wurde dann schließlich doch aus der provisorischen Verfassung eine ständige Verfassung und unter dem Schirm von Abu Dhabi wurden vereinigte Streitkräfte etabliert. Zu dieser Zeit schritten nämlich die anderen Emirate, besonders Dubai, besonders schnell voran mit kostspieligen Infrastrukturprojekten, um eine diversifizierte Wirtschaftsbasis zu erreichen und waren deshalb bestrebt, so viel wie möglich kostspielige Services auf das reiche Abu Dhabi und die Zentralregierung zu verlagern.

Seit 1971 beaufsichtigt der „Oberste Rat der Herrscher“, der dieser aus den sieben Herrschern jedes Emirats und bei bestimmten Gelegenheiten auch der jeweiligen Kronprinzen gebildet wird, die Regierungsgeschäfte. Während die Verfassung es erlaubt, alle fünf Jahre eine Wahl des Präsidenten durchzuführen, wurden die Herrscher von Abu Dhabi de facto synonym mit der Präsidentschaft der VAE, nicht zuletzt, weil Abu Dhabi auch einseitig die meisten der föderalen Entwicklungsprojekte finanziert. Der „Oberste Rat der Herrscher“ berücksichtigt allerdings auch den herausgehobenen Status von Dubai innerhalb der VAE, indem sowohl die Herrscher von Abu Dhabi wie auch Dubai ein Vetorecht haben und indem der Herrscher von Dubai zum Vizepräsident der VAE bestellt ist

Zur Unterstützung des Obersten Rates der Herrscher gibt es einen eigenen Apparat. Angesichts der Tatsache jedoch, dass jeder Herrscher ähnliche Strukturen auf der Ebene seines Emirates hat, scheint manchmal unklar, ob diese beiden Apparate unabhängig voneinander funktionieren.

Verantwortlich für die Entscheidungsfindung auf der föderalen Ebenen ist der Council auf Ministers. Seit seiner Etablierung im Jahre 1972 war seine Zusammensetzung immer auch ein Abbild der relativen Macht und des Einflusses der einzelnen Emirate und damit auch der jeweiligen Herrscherfamilie. In vielerlei Hinsicht ist allerdings der Abu Dhabi Executive Council, der 1971 noch vor der Gründung der VAE etabliert wurde, mächtiger als der föderale Council of Ministers, da er den Vorsitz hat über verschiedene Abu Dhabi betreffende Gremien, einschließlich des einflussreichen Supreme Petroleum Council, die Stadtverwaltung und die Polizeistreitkräfte, sowie weiteren Abu Dhabi-spezifischen Institutionen wie den Education Council, die Umweltbehörde und die Tourismus-Organisation. In den meisten dieser Institutionen, insbesondere auch dem einflussreichen Petroleum-Council und auch den diversen Souvereign Wealth Fonds und anderen Investitionsinstrumenten sind Vertreter der Al-Nahyan Familie an entscheidender Stelle vertreten. Im Hintergrund der Regierung auf der Ebene des Emirates agieren auch die jeweiligen „Private Offices“ und „Emiri Courts“ des Herrschers, des Kronprinzen und anderer Mitglieder der obersten Ebene der Al-Nahyan Familie.

Was die Hierarchie und Nachfolge innerhalb der Herrscherfamilie der Al-Nahyan angeht, so erfreute sich Sheikh Zayed Bin Sultan Al -Nahyan, einer langen und unproblematischen Herrschaft.

Sein Nachfolger wurde nach seinem Tod im Jahre 2004 sein ältester, im Jahre 1948 geborener, Sohn aus erster Ehe mit einer Scheikha aus dem Hause Al-Nahyan, Scheich Khalifa Bin Zayed, der bereits seit langem Kronprinz gewesen war.

Bereits im Jahre 1999 soll allerdings bereits ein geheimes Familienabkommen abgeschlossen worden sein, welches bestimmte, dass der im Jahre 1961 drittgeborene Sohn, Scheich Mohammed Bin Zayed Al-Nahyan - der bereits 1993, gerade einmal 32 Jahre alt, nach einer militärischen Ausbildung als Pilot zum Stabschef der Streitkräfte und zum Sicherheits-Berater seines Vaters ernannt worden war - nach dem Tod von Scheich Zayed Kronprinz werden solle.

Entsprechend wurde nach dem Ableben des Vaters der älteste Sohn, Scheich Khailfa, Herrscher von Abu Dhabi und damit Präsident der VAE und Scheich Mohammed Bin Zayed Kronprinz. Dies, obwohl Scheich Khalifa zwei erwachsene Söhne, Scheich Sultan und Scheich Mohamed, hatte. Es war dies im Übrigen innerhalb des Hauses der Al-Nahyan das erste Mal nach hundert Jahren, daß die Nachfolge vertikal vom Vater auf den Sohn und nicht horizontal vom Bruder auf einen anderen Bruder erfolgte.

Seit dieser Zeit stieg Mohammed Bin Zayed - neben seiner Funktion als Kronprinz auch stellvertretender Kommandeur der Streitkräfte - zum einflussreichsten Mitglieder der Herrscherfamilie auf und er kontrolliert einen Großteil des staatlichen Apparates, insbesondere des Sicherheitsapparates.

Da der Gesundheitszustand von Sheikh Khalifa seit längerem Gegenstand von Spekulationen ist, übernahm Sheich Mohamed Bin Zayed – in Medien und Politikkreisen auch oft respektvoll „MBZ“ genannt - in den letzten Jahren auch immer mehr „präsidiale“ Aufgaben und ist aktuell wohl politisch „das Gesicht“ und der eigentliche Treiber der Entwicklung von Abu Dhabi, sowie zumindest im außenpolitischen Bereich, der gesamten VAE.

Sheich Mohammed Bin Zayed ist, wie oben erwähnt, der dritte Sohn von Scheich Zayed. Gleichzeitig ist er der älteste der insgesamt fünf Söhne der „Bani Fatimah“, so genannt nach seiner Mutter, Sheikha Fatimah Bint Mubarak Al-Qitbi, der zweiten Frau von Sheich Zayed. Sie stammt aus dem - früher eher mit den Al-Nahyan über Kreuz liegenden - Stamm der Al-Qitab. Sie wird als die „Lieblingsfrau“ von Scheich Zayed betrachtet und hat sich auf Grund ihres gesellschaftlichen Engagements und ihrer Seniorität großes Ansehen erworben.

Die fünf „Bani Fatimah“, bilden als „Vollbrüder“ eine wichtige Allianz innerhalb der direkten Nachkommen von Scheich Zayed, sowie innerhalb der weiteren Al-Nahyan Familie und halten allesamt wichtige Positionen. Sheich Hazza Bin Zayed, geboren 1965, ist der „Ruler Representative“ in der erdölreichen „Western Region von Abu Dhabi“. Scheich Tahnoun Bin Zayed, geboren 1968, ist der „Ruler Representative“ in der „Eastern Region“ und stellvertretender Sicherheitsberater des Präsidenten. Scheich Mansour Bin Zayed, geboren 1970 – international auch bekannt als Sponsor (über sein Unternehmen United Group) des Fußball-Clubs von Manchester United, sowie auch für seine Rettungsaktion der Barkleys Bank in Großbritannien im Kontext der Finanzkrise – fungiert als stellvertretender Premierminister und Minister für präsidentielle Angelegenheiten.

Der jüngste der „Bani Fatimah“ schließlich, Scheich Abdullah Bin Zayed, geboren 1972, ist Außenminister der VAE.

Doch auch einige andere der insgesamt 19 Söhne von Sheich Zayed – zwei, davon Sheich Nasser und Scheich Ahmed sind, bei einem Helicopter-Absturz bzw. bei einem Paragliding-Unfall ums Leben gekommen - und Halbbrüder der „Bani Fatimah“, sowie inzwischen auch deren Söhne, konnten innerhalb des Machtapparates von Abu Dhabi und auf Regierungsebene wichtige Positionen besetzen.

So fungiert der zweite Sohn von Scheich Zayed, Scheich Sultan Bin Zayed, geboren 1955, als Präsidentenberater seines Vollbruders, Scheich Khalifa.

Als besonders mächtig und einflussreich gilt auch Scheich Seif Bin Zayed, geboren 1968, der eine Position als stellvertretender Premierminister und Innenminister ausübt. Weiterhin Scheich Hamed Bin Zayed, geboren 1971, als Managing Direktor der Abu Dhabi Investment Authority (ADIA), des weltgrößten Sovereign Wealth-Fonds. Schließlich Scheich Khalid Bin Zayed, geb. 1973), der neben seiner Funktion als Vorsitzender der wichtigen international tätigen Zayed Bin Sultan al-Nahyan Wohlfahrtsstiftung auch Vize-Vorsitzender der Fluglinie von Abu Dhabi, Ettihad Airways, ist.

Weitere Söhne von Scheich Zayed, Issa und Omar, sind auf der politischen Bühne nicht bekannt, betätigen sich aber, wie alle auch politischen Funktionsträger, und inzwischen auch deren Söhne, als Geschäftsleute, sowie in gesellschaftlichen Funktionen und Institutionen.

Als wichtige Mitglieder der weiteren Al-Nahyan Familie sind noch zu erwähnen Scheich Nahyan Bin Mubarak , der Minister für Kultur und Jugend, sowie sein Bruder, Scheich Hamdan Bin Mubarak, der Minister für Erziehung und Forschung. Sie entstammen der „Bani Mohammed – Linie“ der Al-Nahyan Familie, die dadurch bedeutsam ist, weil ihr Urgroßvater, Scheich Bin Khalifa Bin Zayed al-Nahyan einst im Jahre 1909, aus Verdruss über die blutigen Zwistigkeiten innerhalb der Herrscherfamilie, die Thronfolge ausgeschlagen und damit letztlich der Linie seines Halbbruders, Scheich Sultan Bin Zayed, dem Vater des späteren Staatsgründers Scheich Zayed Bin Sultan, die Herrscherrolle überlassen hatte.

Inzwischen ist auch schon die Generation der Enkel von Scheich Zayed in wichtige Positionen nachgerückt. So etwa auch der älteste Sohn des Präsidenten, Scheich Sultan bin Khalifa, geboren 1965, der als Präsidentenberater fungiert und als Geschäftsmann sehr erfolgreich ist.

In Expertenkreisen wird trotz der starken Stellung des Kronprinzen die endgültige Nachfolgefrage als Herrscher von Abu Dhabi – und damit automatisch des Präsidenten der VAE - als noch offen bewertet; doch wird dies wohl, wenn es aktuell wird, aller Voraussicht nach eine friedliche und von Konsens getragene Entscheidung innerhalb der Familie der Al-Nahyan sein.

Die Al-Maktoum Familie in Dubai

Die Al – Maktoum Familie entstammt ursprünglich aus der Al- Bu Falasa Sektion innerhalb der Bani Yas Stammesföderation, aus der auch die Herrscherfamilie von Abu Dhabi, die Al-Nahyan stammt.

Die Al-Bu Falasa Sektion hatte ihre Wurzen in der Al-Sarah Oase in Al-Buraimi (heute Al Ain) sowie der Inseln Bateen,Tarut, Maitra und Al-Hajii.

Als Folge eines blutigen Rachefeldzuges des damaligen Herrschers Scheich Khalifa Bin Shakbout Al-Nahyan - als Antwort auf einen Putschversuch von Stammesangehörigen der Bani Yas, die von den blutigen Umständen der Machtergreifung des Herrschers angewidert waren - sahen viele der Aufständischen keine andere Wahl, als mit ihren Familien Abu Dhabi zu verlassen.

Angeführt von Maktoum Bin Buti Al-Falasi marschierten Mitglieder der Al-Falasi Sektion, sowie auch des befreundeten Bani Yas Stammes der Al-Rumaithi und viele andere - die Küste entlang und ließen sich schließlich im Jahr 1833 in Dubai nieder. Auf Grund ihrer relativ großen Zahl – insgesamt über 3000 Menschen, das waren fast 20% der Bevölkerung von Abu Dhabi – hatte diese Gruppe sofort die Dominanz in dem nicht eben wirtlichen, aber wegen seiner langen Mündungszunge (Creek) ins Innere doch strategisch günstig gelegenen Ortes und proklamierte in der Folge denn auch unter ihrem neuen Scheich „Maktoum“, die Unabhängigkeit von Abu Dhabi.

Unterstützt wurden sie – wohl eher aus taktischen Gründen („der Feind meines Feindes ist mein „Freund“) - von den Erzfeinden des Herrschers von Abu Dhabi, den Al-Qasimi, den Herrschern von Ras Al Khaimah und Sharjah. Diese verhängten eine Seeblockade, die auch die lukrativen Perlgründe vor der Küste Abu Dhabis stark beeinträchtigte. Nach wechselvollen Kämpfen, in die auch Großbritannien auf Seiten von Abu Dhabi involviert war, kam schließlich ein Waffenstillstand zustande. Die Blockade wurde aufgehoben, aber der Herrscher von Abu Dhabi musste die bittere Pille schlucken, den Verlust von Dubai aus seinem Territorium zu akzeptieren und die Souveranität der neuen Herrscherfamilie von Dubai, der Al-Maktoum, anzuerkennen.

Als dann Großbritannien im Jahre 1835 den „Trucial Sheikhs“ eine neue modifizierte Version von „Truce Agreements“ zur Unterschrift vorlegte und sich unter diesen „Trucial Scheikhs“ auch erstmals Scheich Maktoum befand, wurde die Unabhängigkeit Dubais als neues selbständiges Scheichtum unter der Herrschaft der Al-Maktoum Familie endgültig formalisiert.

Dubais Einfluss weitete sich prächtig aus und es wurde ein effizienter Freihafen in der Region, der eine große Zahl von unzufriedenen Kaufmannsfamilien aus anderen Scheichtümern anzog. In mehreren Einwanderungswellen kamen auch zahlreiche Kaufmannsfamilien aus dem heutigen Iran, wo sie – meist sunnitische Muslime - von dem schiitischen Schah-Regime unterdrückt worden waren und/oder auch von der zunehmenden Attraktivität Dubais als Handelsplatz und den günstigen Bedingungen und Privilegien, die ihnen der Herrscher von Dubai in Aussicht stellte, angezogen wurden.

Viele der großen Kaufmannsfamilien in Dubai sind also „Ajam“, ein Begriff mit dem die Einheimischen allgemein Menschen bezeichneten, die eine andere Muttersprache als arabisch hatten, der sich aber besonders für die in früheren Generationen Farsi sprechenden Zuwanderer aus Persien eingebürgert hat.

In der Zeit vor der Entdeckung des Erdöls waren es gerade die Kaufmannsfamilien, die den Scheich finanziell unterstützten, dafür aber auch ein großes Selbstbewusstsein entwickelten und in bestimmten Zeiten – etwa ueber die Handelskammer oder andere Institutionen wie die Muncipality – Teilhabe verlangten und Rechte gegenüber dem Herrscher einforderten.

Die herrschende Al Maktum Familie hatte ebenfalls – wie ein halbes Jahrhundert zuvor Abu Dhabi - einen langjährigen Patriarchen, Scheich Rashid Bin Said Al-Maktoum. Im langen Laufe seiner Herrschaft von 1958 bis zu seinem Tode im Jahre 1990 nahm er die Kaufmannschaft für sich ein, teils durch Repression und Exilierung bestimmter Anführer, überwiegend aber durch die Gewährung von Handelsprivilegien und lukrativen Aufträgen. Durch die Gewährung von Landerechten für internationale Fluggesellschaften, den Ausbau des „Creek“ und des Hafens, sowie durch die Einrichtung von „Freizonen“ für internationale Unternehmen schuf er die Grundlagen dafür, das Dubai sich seither, obwohl seine Erdölquellen bald versiegten, im Laufe der letzten drei Dekaden zum attraktivsten Wirtschaftsstandort in der Golfregion und der ganzen arabischen Welt entwickelte.

Die Hierarchie und Nachfolgeregelungen innerhalb der Familie ‚Al-Maktoum“ verliefen, im Gegensatz zu den Ereignissen in anderen Herrscherhäusern am Golf, über Jahre außerordentlich glatt und friedlich.

Die beiden Linien, die dabei zählen, leiten sich ab von Sheich Maktoum Bin Hasher Al Maktoum (Maktoum II), der von 1894-1906 regierte.

Sein ältester Sohn Said Bin Maktoum regierte von 1912-1958, dann übernahm, wie oben erwähnt, sein Sohn Rashid Bin Said Al-Maktoum. Nach seinem Ableben wurde Scheich Rashid zunächst von seinem ältesten Sohn Maktoum in der Nachfolge beerbt. Jedoch ernannte dieser - insofern ein gewisses Vorbild für die Entwicklungen in Abu Dhabi - 1995 einen seiner jüngeren Brüder, Mohammed Bin Rashid, statt einen seiner fünf Söhne zum Kronprinzen. Dieser war von dieser Zeit an bis zum Tode seines Vorgängers de facto Herrscher von Dubai, so dass seine schließliche Nachfolge im Jahre 2006 lediglich noch eine Formalie war.

Sein offizieller Titel ist: „Vize-Präsident und Premierminister der VAE, Herrscher von Dubai“.

Scheich Mohammed Bin Rashid wird wohl einmal in der Geschichte von Dubai ebenfalls als großer Reformer und dynamische Macher bezeichnet werden, manche bezeichnen ihn respektvoll als „CEO“ der die Marke Dubai zu internationalem Ansehen geführt hat.

Im Jahr 2008 ernannte Scheich Mohamed Bin Rashid den zweitaeltesten seiner insgesamt 9 Söhne (von vier Frauen), Scheich Hamdan Bin Mohammed Bin Rashid, geboren 1982 und ausgebildet an der Militärakademie von Sandhurst, zum Kronprinzen mit inzwischen vielen anderen wichtigen Positionen und Funktionen im Emirat Dubai und auf der föderalen Ebene. Sein drittältester Sohn, Scheich Maktoum Bin Mohammed Bin Rashid, geboren 1984, begleitet die Funktion eines stellvertretenden Herrschers von Dubai, ein zweiter stellvertretender Herrscher von Dubai ist auch der ältere Bruder von Scheich Mohammed, Scheich Hamdan Bin Rashid , geboren 1945, der auch gleichzeig der Finanzminister der VAE ist.

Die zweite relevante Linie innerhalb der Al-Maktoum Familie leitet sich ebenfalls von Maktoum II ab, dessen zweiter Sohn Juma Bin Maktoum Al-Maktoum allerdings im Jahre 1954, als Anhänger des von dem damaligen ägyptischen Praesidenten Gamal Abdel Nasser verkörperten arabischen Nationalismus und Antiimperialismus und wohl auch gepaart mit eigenen dynastischen Ambitionen, mit Hilfe der, von britischen Offizieren befehligten, „Oman Trucial Scouts“ außer Landes ins Exil getrieben wurde.

Gleichwohl haben auch Mitglieder dieses Zweiges wichtige Positionen inne und ist die Enkeltochter vom Scheich Juma, Sheikha Hind Bint Maktoum Al Maktoum, die Ehefrau des heutigen Herrschers und hat mit ihm insgesamt fünf Soehne, darunter auch den Kronprinzen Scheich Hamdan und den Vize-Herrscher, Scheich Maktoum sowie sieben Töchter.

Weitere prominente Mitglieder dieser Linie sind auch Scheich Hasher Bin Maktoum Al Maktoum, geboren 1945, der Leiter des Informationsamtes von Dubai sowie sein 1977 geborener Sohn Maktoum Bin Hasher Al Maktoum, der Vorsitzende der staatlichen Dubai International Holding Company und weiterer eigener privater Unternehmungen.

Die Al-Qasimi Familie von Sharjah

Die Al-Qasimi Familie hat eine relativ lange Geschichte, viel älter als manche der umliegenden anderen Herrscherfamilien. Sie waren Teil des stammes-ähnlichen Verbandes der Qawasim, einer führenden Unter-Section der weit verbreiteten sog. sunnitischen „Hawala“, die sich zwischen der Arabischen Küste und dem südlichen Iran hin und her bewegten. Durch ihre Häfen Ras Al-Khaimah und Sharjah (Al-Shariqa) entwickelten sich im Verlaufe des 18.Jahrhunderts zu einer veritablen Seemacht und monopolisierten die Handelsroute nach Bombay. Ihre Handelsaktivitäten reichten bis nach Indien, das Rote Meer und Afrika. Ihre Einflusssphäre erstreckte sich auch auf die persische Seite des Golfs, was ihnen eine strategische Position und wichtige Rolle in der ganzen Golfregion sicherte. Die Qawasim waren die dominante Macht in den Gebieten, die man heutzutage die Nördlichen Emirate nennt und sie waren erbitterte Gegner der Stammeskonföderation der Bani Yas, aus denen, wie oben dargestellt, die Herrscherhäuser der A-Nahyan und der Al-Maktoum stammen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann ihre Macht allmählich zu schwinden, als Großbritannien daranging, die Aktivitäten der Qawasim zu unterbinden. Diese Aktivitäten waren nach britischer Geschichtsschreibung Piratenangriffe der Qawasim auf Schiffe der East India Company, was aber von arabischen Historikern, wie etwa dem heutigen Herrscher von Sharjah, Dr. Sultan Bin Saqr Al-Qasimi, heftig bestritten wird. Gleichzeitig entwickelte sich, nicht zuletzt wegen der starken Anlehnung der Herrscher von Abu Dhabi an Großbritannien, eine starke Hinwendung der Qawasim an Saudi-Arabien, was die Qawasim auch empfänglicher machte für die von dort verbreitete wahabitische und hanbalitische, d.h. strengere Interpretation des sunnitischen Islam (was etwa im heute noch geltenden strikten Alkoholverbot in Sharjah zum Ausdruck kommt oder etwa in der Namensnennung, wo saudische Namen wie Khalid oder Saud relativ häufig vorkommen)

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts errangen die alten Rivalen der Qawasim, die Al-Nahyan die Oberhand und der Niedergang der Qawasim setzte sich im frühen 20. Jahrhundert fort, nicht zuletzt auf Grund schwacher Führung.

Zunächst vereint, spalteten sich die Al-Qasimi Zweige von Sharjah und Ras al Khaimah und im Jahre 1921 wurde die Unabhängigkeit von Ras al-Khaimah durch Großbritannien anerkannt.

Die Nachfolge innerhalb der Al-Qasimi Familie war zeitweise turbulent, was man an drei Schlüsseldaten festmachen kann: 1965,1972 und 1987.

Im Jahr 1965 wurde, mit britischer Hilfe, der Herrscher Scheich Saqr Bin Sultan Al-Qasimi abgesetzt und nach Kairo ins Exil geschickt. Der Grund soll seine große Sympathie für die Sache des Arabischen Nationalismus und seine Eigenwilligkeit gewesen sein. Scheich Saqr war entschlossen gewesen, finanzielle Hilfe seitens der Arabischen Liga zu akzeptieren, was die anderen sechs Emirate nur akzeptieren wollten, wenn das Geld durch einen von Großbritannien gesponsorten Entwicklungs-Fonds kanalisiert würde.

Sein Ersatz war Scheich Khalid Bin Mohammed Al-Qasimi, ein Geschäftsmann, der, obwohl er ein enger Alliierter des Herrschers von Dubai, Scheich Rashid bin Sultan Al-Maktoum war, als eine schwache Figur angesehen wurde. Der exilierte Scheich Saqr Bin Sultan kehrte – vorgeblich unterstützt vom Irak – mit einer Gruppe bewaffneter Männer nach Sharjah zurück und tötete Scheich Khalid. Auf Druck des Herrschers von Dubai und Großbritanniens musste Scheich Saqr ein weiteres Mal ins Exil gehen, wovon er einen Teil in Abu Dhabi verbrachte.

Die Herrschaft in Sharjah wurde daraufhin - mit Billigung der Herrscherhäuser der anderen sechs Emirate – von Scheich Sultan Bin Mohammed Al Qassimi, dem jüngeren Bruder des Ermordeten übernommen. Aber im Jahre 1987 wurde, als auf einer Reise nach London, kurzzeitig, im ersten Palastumsturz seit Gründung der VAE, von einem anderen Bruder, Scheich Abdelaziz Bin Mohammed Al-Qasimi, einem früheren Kommandeur der Emiri Guards mit der Begründung abgesetzt, dass er in seinen Ambitionen, es mit dem rasant aufstrebenden Nachbarn Dubai gleichzutun, Sharjah finanziell in den Ruin treibe. In der Tat benötigte Scheich Sultan erhebliche Summen für ein ehrgeiziges Modernisierungsprogramm. Nach seinen Vorstellungen sollten diese Mittel aus dem – hauptsächlich vom erdölreichen Emirat Abu Dhabi finanzierten - föderalen Budget kommen, doch gleichzeitig verbat sich Scheich Sultan jede zentrale föderale Einmischung in seine Entwicklungspläne für Sharjah.

Nach einigen Tagen wurde mit Hilfe des „Obersten Rates“ der VAE Herrscher ein Kompromiss erreicht, dahingehend, dass Scheich Sultan wieder in Amt und Würden eingesetzt wurde, sein Bruder Abdelaziz aber zum Kronprinzen, Stellvertreter des Herrschers und stellvertretenden Vorsitzenden des „Sharjah Supreme Council“ ernannt wurde, kein schlechter Deal für einen misslungenen Putschversuch. Die Macht von Scheich Abdelaziz nahm jedoch schnell ab und ihm Jahr 1990 erkannte ihm Scheich Sultan seine Titel ab und er musste seine restliche Lebenszeit im Exil in Al-Ain, Marocko und London verbringen, wo er 2005 starb.

Die interne Hierarchie und die Nachfolge innerhalb der Familie ist relativ weit gespannt, insbesondere da der jetzige Herrscher keinen Sohn hat, der als Nachfolger qualifiziert erscheint. Sein ältester Sohn, Scheich Mohammed, verstarb 1999 unter tragischen Umständen in London. ein anderer jüngerer Sohn, Scheich Khalid, erscheint nicht für die Nachfolge als Herrscher tauglich, hat inzwischen aber neben seiner Tätigkeit als Designer auch andere wichtige Funktionen, etwa die Mitgliedschaft im Sharjah Executive Council und als Vorsitzender des erst kürzlich etablierten Sharjah Urban Planning Council.

Bereits im Jahre 1999 war Scheich Sultan Bin Mohammed Bin Sultan, ein Enkel eines früheren Herrschers, als Kronprinz und stellvertretender Herrscher eingesetzt worden. Er ist der Schwager des Herrschers, seine Schwester, Scheikha Jawaher Bint Mohamed, ist die Ehefrau des Herrschers.

Eine wichtige Rolle innerhalb der Al-Qasimi Familie spielen die beiden Töchter des Herrschers, Hoor Bint Sultan Al Qassimi, geboren 1980, ebenfalls von der Ausbildung her Mode-Designerin wie ihr Zwillingsbruder Scheich Khalid. Sie gründete und leitet die inzwischen international renommierte Biennale der Sharjah Art Foundation. Ihre etwas jüngere Schwester, Scheikha Bodour Bint Sultan Al-Qasimi, eine BC- Absolventin von Cambridge und MSC Absolventin in Medical Antropology in London, treibt als Vorsitzende der Entwicklungsgesellschaft Shorouk die wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung von Sharjah voran und gilt als einflußreiche Beraterin ihres Vaters.

Die Al-Qasimi Familie von Ras Al Khaimah

Der Al-Qasimi Zweig von Ras Al Khaimah (RAK) teilt den größten Teil seiner genealogischen Geschichte mit dem Al-Qasimi Zweig von Sharjah. Doch hat der langjährige Herrscher Sheich Saqr Bin Mohamed Al-Qasimi, der das Emirat von 1948 bis zu seinem Tod im Jahre 2010 regierte, doch eine eigene Note eingebracht, die die jüngere Geschichte dieses nördlichsten Emirats von seinen Al-Qasimi Nachbarn in Sharjah unterscheidet.

In britischen Quellen beschrieben als „starker Herrscher mit einer beträchtlichen natürlichen Intelligenz“ war Scheich Saqr, beeinflusst vielleicht auch von Mitgliedern der Al-Ghurair Familie (eine der größten Kaufmannsfamilien der VAE), mit der das Herrscherhaus durch Heirat verbunden war, in seiner frühen Zeit – ähnlich seinem Vetter Scheich Juma in Dubai - nicht unempfindlich gegen die Ideen des Arabischen Nationalismus nasseristischer Prägung.

Scheikh Saqr litt – so wird berichtet- stark unter dem Verlust der früheren Größe und Macht der Al-Qasimi. RAK- City war ja noch im 17. Jahrhundert die Hauptstadt eines, den ganzen Persischen Golf und auch sogar einige Häfen im Iran umspannenden, Imperiums der Qawasim. Im Gegensatz dazu betrachtete er die Bani Yas und deren Zweige in Abu Dhabi und Dubai als von Großbritannien genährte Emporkömmlinge und keinesfalls „auf Augenhöhe“ mit den aristokratischen Al-Qasimi.

Die inzwischen schwache Position von RAK wurde ihm auch drastisch vor Augen geführt bei den Verhandlungen zur Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate, in denen RAK nur 15% der Sitze im Föderalen National Council (eine Art beratendes Parlament) zugestanden wurden, obwohl die Bevölkerung von RAK fast ein Viertel der Gesamteinwohnerschaft ausmachte. Scheich Saqr verzögerte denn auch die vereinbarten Zahlungen an den föderalen Haushalt für einige Monate, sicherlich auch beeinflusst von der Hilflosigkeit, mit der die VAE die Besetzung der von RAK beanspruchten Besetzung der Tunb Inseln im Persischen Golf durch die iranische Armee, hinnehmen mussten. Schließlich jedoch rang er sich zu der Einsicht durch, dass RAK - das nicht wie Abu Dhabi und damals auch noch Dubai - über reichlich sprudelnde Erdöleinnahmen verfügte - im Verbund der VAE und als Empfänger von Finanzmitteln aus dem föderalen Budget besser aufgehoben ist und schloss sich mit einem Jahr Verzögerung den VAE als siebtes Emirat an.

Was die internen Hierarchien und Entwicklungen innerhalb der Al-Qasimi Familie in RAK angeht, so ging es auch hier in der jüngeren Vergangenheit nicht ohne Turbulenzen ab.

Im Jahre 2003 wurde der älteste Sohn des Herrschers, Sheich Khalid Bin Saqr als Qasimi, geboren 1940, von diesem als Kronprinz – eine Position, die er für 40 Jahre innehatte - zugunsten seines 16 Jahre jüngeren Halbbruders, des gegenwärtigen Herrschers, Scheich Saud Bin Saqr Al-Qasimi abgesetzt. Nach Berichten geschah dies im Einverständnis mit dem damaligen Präsidenten der VAE, Sheich Zayed Bin Sultan Al Nahyan. Gründe sollen Differenzen über die Richtung und Geschwindigkeit des wirtschaftlichen Reformprozesses (Benchmark war auch hier die rasante Entwicklung in Dubai) gewesen sein, den der Herrscher besser bei seinem jüngeren Sohn, dem neuen Kronprinzen, der als Technokrat galt, aufgehoben sah als bei seinem älteren Sohn.

Der abgesetzte Scheich Khalid Bin Saqr kritisierte seinen Bruder kontinuierlich aus dem Ausland über die internationalen Medien und betonte seinen anhaltenden Anspruch auf die Herrschernachfolge in RAK.

Als sich im Frühjahr 2010 der Gesundheitszustand des greisen Herrschers verschlechterte, kehrte Scheich Khalid in die VAE zurück. Sein Comeback-Versuch war jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Nachdem dem er sich nach dem Tod des Herrschers im Oktober 2010 zunächst in einer Videobotschaft als neuer Herrscher proklamiert hatte, erschien er unangemeldet mit bewaffneter Begleitung in RAK. Es gelang ihm jedoch weder innerhalb der Familie noch bei anderen Notablen von RAK nennenswerte Unterstützung zu mobilisieren und so verließ er Ende Oktober RAK zusammen mit seiner Entourage. Der Oberste Rat der VAE bekräftigte daraufhin in einer Botschaft seine “volle Unterstützung für Scheich Saud als Herrscher von RAK“ .

Im Jahre 2010 ernannte Scheich Saud seinen Sohn Mohammed Bin Saud Al-Qasimi, geb. 1987 und ausgebildet in den USA, zum Kronprinzen und Chef des Executive Council von RAK, ein Schritt, der von der Mehrheit der Mitglieder des „inner circle“ der Al-Qasimi Familie offensichtlich mitgetragen wird.

Traditionell gibt es in RAK nicht viel Power-Sharing mit anderen Familien, zumindest die Spitzenpositionen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft liegen überwiegend bei weiteren Brüdern des Herrschers. In wirtschaftlicher Sicht ist dabei Scheich Ahmed Bin Saqr als Chairman der Freizonen und der Investitionsbehörde von RAK zu nennen, sowie Scheich Faisal Bin Saqr als Chairman des großen Pharmaunternehmens Julphar. Wichtige Positionen halten auch die Angehörigen der von dem Großvater des Herrschers, Scheich Mohammed Bin Salim Al-Qasimi ,(1919-1921) abstammenden weiteren Linien Humaid oder Kayed. Oder die Abstammungslinie dessen Bruders, Scheich Sultan Bin Salim, aus der etwa Scheich Faisal Bin Sultan Al-Qasimi als früherer Kommandeur der Streitkräfte der VAE und Gründer der United Arab Bank zu nennen wäre, sowie sein Bruder Scheich Fahim Bin Sultan al-Qasimi, von 1993 -1996 Generalsekretär des Golfkooperationsrates und später für einige Jahre Wirtschaftsminister der VAE.

Die Al-Sharqi Familie in Fujeirah

Die Familie Al-Sharqi kommt aus der Al-Hafaitat Sektion des großen Al-Sharqyin Stammes, einer der größten Stämme im Gebiet der heutigen VAE.

Fujairah, das einzige Emirat am Indischen Ozean, liegt auf Grund seiner von Bergen bewehrten Geographie etwas isoliert am Golf von Oman und wurde ursprünglich beherrscht von den Al-Qasimi von Sharjah und RAK.

Ein starker Scheich, Hamad Bin Abdullah Bin Seif Al-Sharqi, begann im Jahre 1870 den Prozess der Loslösung von der Al-Qasimi Herrschaft und während der nachfolgenden Herrschaft seines Sohnes, Scheich Mohamed Bin Hamad wurde Fujairah im Jahr 1952 von Großbritannien als unabhängiges Emirat anerkannt.

Die innere Hierarche der Al-Sharqi Familie und die Nachfolge verlief bisher reibungslos, nach dem Tod von Scheich Mohamed im Jahre1974 übernahm der damalige Kronprinz, sein Sohn Hamad Bin Mohamed Al-Sharqi – der einen im Ausland erworbenen militärischen Hintergrund hat - die Herrschaft. Er war ein enger Vertrauter des Gründervaters der VAE und ist ein starker Verfechter des föderalen Systems. Im Jahre 2007 ernannte er seinen Sohn Mohamed, geboren 1986, zum Kronprinzen.

Die Macht und die wichtigen Positionen in Fujeirah sind konzentriert bei einem kleinen Kreis von Mitgliedern der Al-Sharqi Familie, vor allem dem Herrscher selbst und seinen Söhnen, mit denen er umfassende private Unternehmen betreibt. Auch gilt als sehr einflussreich der Bruder des Herrschers, Scheich Salih Bin Mohamed Al-Sharqi, der als der Gestalter der wirtschaftlichen Entwicklung von Fujairah angesehen wird und der dem Emirat mit dem Bau eines Öl-Terminals, des einzigen der VAE außerhalb der sensitiven Meeresenge von Hormuz, eine beträchtliche Einnahmequelle erschlossen hat.

Die Al-Mulla Familie in Umm Al-Quwain

Die Herrscherfamilie von Umm Al-Quwain, dem kleinsten Emirat der VAE, kommt aus dem wichtigen Al-Ali Stamm, die einen großen Teil der Bevölkerung der VAE bilden. Dieser Stamm hat eine lange Handelsgeschichte und langwährende Kontakte mit der Küstenregion in Persien und dem gesamten Golf, wo sich viele Stammesmitglieder niederließen.

Einer der ersten wichtigen Herrscher aus der Familie war Scheich Abdullah Bin Rashid Al-Mualla im frühen 19. Jahrhundert.

Während die Nachfolge innerhalb der Herrscherfamilie in der jüngeren genealogischen Geschichte friedlich ablief gab es doch früher durchaus Turbulenzen. So wurden etwa in den 1920iger Jahren zwei Herrscher ermordet: Scheich Abdullah Bin Rashid Al-Mualla (1923) und sein Cousin, Scheich Hamad Bin Ibrahim Al-Mualla (1929). Nach dessen Tod ging die Nachfolgelinie über auf seinen ersten Cousin Scheich Ahmed Bin Rashed, der bis zu seinem Ableben im Jahre 1981 regierte.

Die Machtpositionen werden heute gehalten von den Abkömmlingen von Scheich Ahmed Bin Rashed, wichtige staatliche und wirtschaftliche Schlüsselpositionen inzwischen auch schon von den Enkelkindern. Aber auch Repräsentanten des Al-Ali Stammes sind in wichtigen Positionen, wie etwa Nasser Said Al-Talay, der Chef des Emiri Court.

Der gegenwärtige Herrscher, Scheich Saud Bin Ahmed Al Sharqi, von Hause aus Ökonom und während seiner Zeit als Kronprinz bereits in verantwortungsvollen wirtschaftlichen Positionen, ernannte im Jahre 2009 einen seiner zehn Söhne, Scheich Rashid Bin Saud Al-Mualla zum Kronprinzen, dieser ist gleichzeitig Vorsitzender der Bank von Umm Al-Quwain.

Die Al-Nuaimi Familie in Ajman

Die Herrscherfamilie des Emirates Ajman hat eine lange und abwechslungsreiche Geschichte. Sie stammt aus der Stammessektion der Al-Bu Khuraiban, aus dem großen Stamm der Al-Na’im, der über den ganzen Oman, die heutigen VAE, Katar und Bahrain verbreitet war.

Die Al Na’im waren die ursprünglichen Bewohner der Oasen von Buraimi und Al-Ain, Land, auf das die Herrscher von Abu Dhabi, allen voran die beiden Patriarchen aus Abu Dhabi, Scheich Khalifa und Scheich Zayed der Grosse, ein Auge geworfen hatten. Mit Unterstützung des Stammes der Al-Dawaheer, einer der bis heute loyalsten Unterstützer der „Al-Nahyan“, gelang es schließlich dem Herrscher von Abu Dhabi, die Al-Na’im aus den Oasen zu vertreiben, so dass sie sich schließlich an der nördlichen Küste in Ajman niederließen und sich dort als Herrscherfamilie etablieren konnten.

Die innere Hierarchie und die Nachfolge innerhalb der der Al-Nuaimi Familie verlief in der Regel friedlich, sicherlich auch begünstigt durch die Tatsache, dass sie praktisch nur eine wichtige Hauptlinie hat und daher nicht mehrere Linien um die Macht konkurrieren.

Der momentane Herrscher, Scheich Humaid Bin Rashid Al-Nuaimi regiert seit dem Tod seines Vaters im Jahre 1981. Sein Sohn Ammar Bin Humaid Al-Nuaimi wurde im Jahre 1991 zum Kronprinzen ernannt.

Die wichtigsten Positionen in Regierung und Wirtschaft werden von Mitgliedern der Herrscherfamilie ausgefüllt, hauptsächlich dem Herrscher und seinen Brüdern Scheich Ali Bin Humaid und Scheich Nasser Bin Humaid, sowie inzwischen deren Shnen. Die Frau des Herrschers, Scheikha Fatima Bin Zayed Bin Saqr Al-Nahyan hat eine öffentliche Rolle im gesellschaftlichen Leben.

Die Al-Khalifa Familie in Bahrain

Die Herrscherfamilie von Bahrain, die Al-Khalifa, sind ebenso wie die anderen Dynastien am Golf in hohem Masse ein Produkt von jahrhundertealten Stammeskämpfen.

Als Zweig der großen Stammesföderation der Bani Utub (Hutub ist ein arabisches Wort fuer „Wanderer“) waren die Al-Khalifa aus dem Norden des arabischen Zentrallandes, gemeinsam mit einer anderen prominenten Familie der Bani Utub, dem Al-Sabah Clan, zunächst in Kuwait eingewandert. Während die Al-Sabah dort blieben und sich schließlich als Herrscherfamilie von Kuwait etablierten, wanderte der Al-Khalifa Clan um das Jahr 1760 von Kuwait aus weiter, eroberte im Jahre 1783 Bahrain, indem sie die dortigen omanisch-stämmigen Herrscher besiegten. Sie und ihre Alliierten zogen dann von Zubara in die bahrainischen Städte Riffa und Muharraq. Obwohl von einer saudisch-wahabitischen Allianz um die Jahrhundertwende angegriffen und obwohl im Jahre 1802 kurzzeitig besetzt durch Oman, konnten die Al Khalifa - im Bündnis mit sunnitischen, früher ebenfalls aus Zentral-Arabien zugewanderten Familien-Clans, wie die Al-Qusaibi oder die Al-Zayani sowie mit Hilfe mächtiger Kaufmannsfamilien, die aus dem Iran stammten, wie etwa die Familie Kanoo, die wohl bekannteste Kaufmannsfamilie am Golf - ihre Herrschaft über das Archipel konsolidieren, obwohl die Bevölkerung Bahrains überwiegend der schiitischen Richtung des Islam angehört. Scheich Abdullah bin Ahmad al Khalifa und Scheich Salman Bin Ahmad Al Khalifa gingen schließlich als gemeinsame Herrscher hervor. Als Bahrain dann auch noch, wie auch die anderen „Trucial Sheikhs“ nicht nur die Verträge mit Großbritannien unterzeichnet hatte und schließlich sogar die regionale Basis Großbritanniens, die „permanent residency“ beherbergte, war die Al-Khalifa Familie endgültig als Herrscherfamilie von Bahrain etabliert.

Nach der Ankündigung der Schutzmacht Großbritannien im Jahre 1968, sich aus den Gebieten „östlich von Suez“ zurückzuziehen, nahm auch Bahrain an den Verhandlungen zur Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) teil, präferierte aber schließlich, ähnlich wie Katar, die Eigenständigkeit und wurde schließlich 1971 unter seinem Herrscher, dem Emir Isa Bin Salman Al Khalifa, der seit 1961 regierte, unabhängig. Bei seinem Tode folgte diesem sein ältester Sohn Hamad Bin Eissa Al-Khalifa nach, der bis heute regiert.

Ähnlich wie Kuwait begann Bahrain seine Periode der Unabhängigkeit mit dem Versuch der Bildung eines Parlaments, da die Herrscherfamilie versuchte, die einflussreiche Kaufmannschaft zu involvieren. Eine Verfassung wurde ausgearbeitet mit einem, auf männliche Mitglieder beschränken, Parlament und im Jahre 1973 wurden die ersten Wahlen abgehalten. Politische Parteien waren verboten und der nicht gewählte Premierminister, Sheich Khalifa Bin Salman Al Khalifa, wurde der mächtigste Mann in Bahrain nach (oder neben) dem Herrscher. Es folgte eine kurze Periode lebhafter Debatten. Aber schon nach zwei Jahren ging der der Herrscher daran, das Parlament aufzulösen, da einige Mitglieder nicht nur die amerikanische Militärpräsenz kritisierten, sondern auch angesichts damals reichlich sprudelnder Öleinnahmen mehr Transparenz im Staats-Budget forderten, was offensichtlich die Überschreitung einer „roten Linie“ bedeutete.

Nach Auflösung des Parlaments waren die einzigen Bereiche für politische Diskussionen in Bahrain die traditionellen Versammlungsplätze, wie etwa bei den Sunniten die „Majalis“ und bei den Schiiten die „Mathaba“, die Trauerhäuser.

Im Jahr 2001 jedoch ließ der Herrscher ein Referendum über eine „Nationale Aktions- Charta“ abhalten, auf dessen Basis im Jahre 2001 eine neue Verfassung herauskam mit einem Zweikammersystem, einem hälftig gewählten Parlament, der Abschaffung der gefürchteten Staatssicherheitsgerichte und der Wahl der Hälfte der Richterschaft. Im Jahre 2006 wurden „politische Gesellschaften“ zugelassen und brachten damit Bahrain am ehesten unter allen Golfmonarchien in Richtung Akzeptanz von politischen Parteien. Gleichzeitig designierte die Verfassung nunmehr den Emir als „König“ (Malik), der die Kontrolle der Besetzung aller Schlüsselstellungen behielt, einschließlich des Premierministers und aller Minister des Kabinetts. Gleichzeitig hat er auch die Macht, jegliche vorgeschlagene Gesetzgebung abzulehnen. Interessant erweise ernannte er, parallel zu den vom Premierminister kontrollierten Parlament, auch eine neue ökonomische Kommission (Economic Development Board) unter dem Vorsitz seines Sohnes und Kronprinzen, dem auch die entsprechenden Minister rechenschaftspflichtig wichtig waren. Dies spiegelte die Friktionen innerhalb des Herrscherhauses wieder, einen konservativen Flügel unter Leitung des Premierministers und einen reformorientierten unter Leitung des Kronprinzen, Salman Bin Hamad Al-Khalifa, mit dem König irgendwo dazwischen in der Mitte. Seit der Niederschlagung von Unruhen der sich benachteiligt fühlenden schiitischen Bevölkerung mit Hilfe eines Truppenkontingentes des Golfkooperationsrates unter saudischer Führung, wie auch der Zunahme der Spannungen am Golf zwischen dem schiitischen Iran und den sunnitischen Herrscherhäusern am Golf, ist das Herrscherhaus der Al-Khalifa politisch wieder zusammengerückt.

Neben dem König, dem Premierminister und dem Kronprinzen, der auch erster stellvertretender Premierminister und stellvertretender Chef der Streitkräfte ist, sind wichtige Mitglieder des Herrscherhauses etwa Scheich Mohamed Bin Eissa Al Khalifa, ein Bruder des Königs und Chef der Streitkräfte und Scheich Nasser Bin Hamad Al-Khalifa, der drittälteste Sohn des Königs, ein Absolvent von Sandhurst und Inhaber verschiedener wichtiger Funktionen im Sicherheitsapparat.

Die Al-Thani Familie in Katar

Die Al-Thani Familie stammt ursprünglich aus einer Untersektion des berühmten Stammes der Bani Tamim, der über ganz Zentral-Arabien verbreitet war. Auch andere wichtige Familien in Katar, wie die Familie Al-Mahmud (die Familie des derzeitigen Premierministers) und die Al-Atteya Familie (die traditionell als die nach der Herrscherfamilie zweitwichtigste Familie in Katar angesehen wird) stammen von den Bani Tamim ab. In vielfacher Hinsicht kam die herrschende Al-Thani aus der Familie Al-Khalifa hervor, insofern als ihre Vorfahren und andere Teile der Halbinsel unter nomineller Herrschaft der Al Khalifa bis 1867 gemeinsam in Zubara wohnten, als ein bahrainischer Angriff auf eine andere katarische Siedlung, Doha, erfolgte. Da diese Attacke von der See aus erfolgte, hatten die Al Khalifa die Bedingungen des Friedensvertrages mit Großbritannien gebrochen, was dieses veranlasste, die Al-Khalifa aus Katar zu verdrängen und dem einflussreichen Stammesführer, Scheich Mohammed Al Thani, obwohl er sich vormals der saudisch-wahabitischen Bewegung angeschlossen hatte, die formelle Anerkennung als Herrscher von Katar anzubieten. Scheich Mohammeds Sohn und Nachfolger, Scheich Jassim Bin Mohamed Al Thani, verbündete sich jedoch nachfolgend mit dem osmanischen Reich, da er Großbritannien als einen unsicheren Garanten gegen erneute Drohungen von Seiten Bahrains ansah. Dieses Bündnis währte bis 1893, als Scheich Jassim sich mit den Osmanen überwarf. Eine berühmte Schlacht im Jahre 1916, in der die Osmanen besiegt wurden, gilt bis heute als der Geburtshelfer einer selbständigen „katarischen Identität“ (und so ist der 18. Dezember, der Tag des Amtsantritts von Scheich Jassim bis heute der katarische Nationalfeiertag und nicht etwa der Tag der staatlichen Unabhängigkeit im Jahre 1971) Nachdem der osmanische Einfluss in seinen Gebieten vollständig zurückgegangen war, unterzeichnete schließlich Scheich Jassims Sohn, Scheich Abdulla Bin Jassim Al Thani, mit Großbritannien den „Perpetual Maritime Truce“, und brachte damit Katar in die Phalanx der „Trucial Sheikhs“ ein.

Die innere Hierarchie und die Nachfolge in Katar entwickelte sich wesentlich komplizierter als in einigen Nachbarstaaten, insofern, als Katar in den letzten 150 Jahren eine ganze Anzahl von Familienfehden und die Absetzung von zwei Emiren erlebte. Mitte des 20 Jhd’s. bildeten sich im Vorfeld der Unabhängigkeit verschiedene Fraktionen, aber als Grundmuster entwickelte sich die Nachfolge vom Vater auf den Sohn und wurde auch so in der provisorischen Verfassung von 1971 so festgelegt. Gleichzeitig wurde in dieser Verfassung die Permanenz der Herrschaft der Al-Thani Familie festgeschrieben und behält der Herrscher die volle Kontrolle über die Gesetzgebung und das - nur beratende - Parlament (Majlis As-Shura)

Seit der Herrschaft von Scheich Jassim (1876-1913) gab es insgesamt 6 Emire: Abdullah (1913-1949), Ali (1949-1960),Ahmad (1960-1972), Khalifa(1972-1995), Hamad ( 1995-2013) und - nach dem Rücktritt seines Vaters - Tamim, im Alter von 32 Jahren.

Zwei Nachfolgen wurden durch einen Palast-Coup bewirkt. Khalifa Bin Hamad Bin Abdullah Al Thani setzte 1972 seinen Cousin Ahmad Bin Ali Bin Abdullah Al Thani ab und Khalifa selbst wurde im Jahr 1995 von seinem Sohn Hamad abgesetzt. Beide Absetzungen erfolgten, weil die jüngeren Mitglieder der Familie über den langsamen Gang der Entwicklung frustriert waren.

Ahmad hatte es vorgezogen, im Stile eines traditionellen Scheichs zu regieren und genoss die Privilegien und die Verschwendungsmöglichkeiten (25% der Öleinnahmen und 50% der Zollgebühren sollen in seine Privatscple geflossen sein) dieser Stellung, ohne sich um die daraus ergebenden politischen und staatlichen Verpflichtungen zu kümmern, sondern sie seinem Cousin Khalifa zu überlassen.

Ahmad Bin Ali wurde schließlich von Khalifa Bin Hamad, der bereits jahrelang als Kronprinz die Staatsgeschäfte anstelle seines meist im Ausland verweilenden Cousins geführt hatte, während eines Jagdausflugs im Iran abgesetzt und verbrachte seine letzten Jahre bei seinem Schwiegervater, dem Herrscher von Dubai.

Am Jahre 1995 wurde allerdings auch Emir Khalifa, während er in Zürich weilte, von seinem Sohn Hamad abgesetzt und blieb dort – ausgestattet mit einem erheblichen Vermögen von über 5 Mrd. US$ - bis 2004 im Exil, verbrachte aber seine letzten Lebensjahre friedlich in Doha.

Auch bei diesem zweiten Putsch ging es inhaltlich um Diskrepanzen zwischen Vater und Sohn über die Richtung des wirtschaftlichen Entwicklungsprozesses, besonders nachdem in Katar inzwischen die weltweit zweitgrößten Lagerstätten an Erdgas gefunden worden waren. Hamad hatte diesen Coup jahrelang vorbereitet und während seiner langen Zeit als Kronprinz und de facto Herrscher sich auch genügend Verbündete innerhalb der Al-Thani Familie und auch der einflussreichen Al-Atteya Familie, aus der seine Mutter stammte, gesichert, so dass er auch seinen Bruder Abdelaziz, der als ältester Sohn jedenfalls Ansprüche anmelden konnte, ins Exil abdrängen konnte.

Gleich nach seinem Amtsantritt änderte Emir Hamad die Verfassung dahingehend, dass „ die Nachfolge zum Herrscher innerhalb der Al-Thani Familie erfolgen muss“’ und ging noch weiter, indem er in die Verfassung hineinschreiben ließ, dass die Nachfolge innerhalb der Al-Thani Familie sich nur „ auf die Nachkommen der Linie von Hamad Bin Khalifa Bin Hamad Bin Abdullah Bin Jassim“ erstreckt, was für die Zukunft andere Linien innerhalb Al Thani ausschließt.

Ob dieser Verfassungspassus für die Ewigkeit geschrieben ist, bleibt abzuwarten.

Für seine eigene Nachfolge hat es jedenfalls so geklappt, indem er selbst im Jahr 2013 zurücktrat und sein zweiter Sohn Tamim im Alter von nur 32 Jahren als Emir eingesetzt wurde. Diese Nachfolge soll u.a. auch deshalb erfolgt sein, um den umstrittenen früheren engen Vertrauten des vormaligen Emirs, Scheich Hamad bin Jassim aus der einflussreichen Al-Jabr Linie innerhalb Al-Thani, ebenfalls elegant zum Rücktritt zu drängen.

In der Tat sind in der Regierung des jungen Emirs auch keine Vertreter der Al-Jabr Linie zu finden, allerdings auch, außer zwei Ministerposten, auch kaum andere Mitglieder der Al-Thani, dafür aber Vertreter der Al-Atteya Familie wie auch anderer wichtiger Familien wie die Al-Mahmud, die meisten von ihnen gut ausgebildete Technokraten, aber auch - und hier schließt sich in gewisser Weise der Kreis – nahezu alle aus den Stammes-Clans und Kaufmannsfamilien, die einst zusammen mit dem Ahnvätern, Sheikh Mohammed und seinem Sohn Jassim Bin Mohamed Al Thani das Emirat Katar Ende des 19.Jahrhunderts geschaffen haben.

Die Al-Sabah Familie in Kuwait

Auch die Herrscherfamilie von Kuwait, die Al Sabah, ebenso wie die Dynastie der Al Saud und auch der meisten anderen Herrscherfamilien am Golf, in hohem Masse ein Produkt von jahrhundertealten Stammeskämpfen.

Als Zweig der großen Stammesföderation der Bani Utub waren die Al Sabah aus dem Norden des arabischen Zentrallandes, gemeinsam mit einer anderen prominenten Familie der Bani Utub, dem Al Khalifa Clan, eingewandert.

Beide siedelte in dem Fischer- und Handelsplatz Kuwait, bevor im Jahr 1766 die Al- Khalifa sich nach Zubara auf der Halbinsel von Katar aufmachten.

Damit waren die Al Sabah in fester Kontrolle über Kuwait und ihr Herrscher, Abdulla Al Sabah, konnte die nächsten Jahre dazu nutzen, die Macht seiner Familie in den politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten Kuwaits zu konsolidieren. Er brach auch die Macht der großen Kaufmannsfamilien, die bis dato eine gewisse Suprematie über die Al-Sabah Familie ausgeübt hatten.

Im 19 Jahrhundert suchte Kuwait zunächst Schutz bei dem osmanischen Reich gegenüber der saudisch-wahabitischen Allianz, lehnte sich dann aber, unter der Herrschaft von Mubarak Al Sabah, auch „Mubarak der Große“ genannt, enger an Großbritannien an und unterzeichnete schließlich im Jahre 1899 ein Abkommen, welches dem Scheichtum den Schutz Großbritanniens sicherte, im Austausch für die Kontrolle Londons über seine auswärtigen Angelegenheiten. Teilweise war diese neue Beziehung zu Großbritannien den Nachfolgeproblemen von Mubarak al Sabah im Jahre 1886 geschuldet: nachdem er seinen älteren Bruder ermordet und seine Nachfolge angetreten hatte, musste er die osmanischen Verbindungen der Gefolgsleute seines ermordeten Vorgängers konterkarieren. Der Richtungswechsel weg von dem untergehenden osmanischen Reich zu Großbritannien erfolgte - mit einer kurzen „Renaissance während des ersten Weltkriegs - auch nicht zuletzt aus dem Wunsch von Scheich Mubarak heraus, heraus, Zugang zu den britisch-indischen Märkten, insbesondere für den Perlenexport zu erhalten.

Im Jahre 1961 wurde Kuwait ein unabhängiger Staat, nachdem Großbritannien formal seine Kontrolle über das zunehmend wohlhabende und autonome Scheichtum aufgegeben hatte. Scheich Abdullah Al Salim Al Sabah rief sich als Emir von Kuwait aus und erlangte die Anerkennung der Vereinten Nationen.

Unmittelbar danach jedoch mussten wieder britische Truppen stationiert werden, nachdem Irak Ansprüche auf Kuwait anmeldete.

Nach der Unabhängigkeit setzte Abdullah eine neue Verfassung für Kuwait ein und etablierte ein neues Parlament, die Nationalversammlung. Dies war hauptsächlich der Tatsache geschuldet, dass die Kaufmannschaft von Kuwait bereits seit langem in verschiedene konsultative Gremien eingebunden war, aufgrund ihres relativen Wohlstandes und ihres politischen Einflusses, so dass demokratische oder zumindest beratende Traditionen in Kuwait viel verwurzelter waren als in anderen Teilen der Golfregion. Die ersten Parlamentswahlen wurden im Jahre 1963 durchgeführt. Abdullah suchte die Dynastie der Al-Sabah dadurch zu stärken, dass etwa in der Verfassung festgelegt wurde, dass die Al-Sabah die Herrscher von Kuwait sind und daß zukünftige Herrscher immer Abkömmlinge des früheren Herrschers von Kuwait, Mubarak (des Großen) Al-Sabah, sein müssen.

Nach der Verfassung muss auch der Premierminister der herrschenden Familie angehören und sie erlaubt dem Emir, 15 der 16 Kabinettsposten zu besetzen.

Zusätzlich wurden politische Parteien verboten und der Emir wurde durch die Verfassung in die Lage versetzt, das Parlament jederzeit aufzulösen und während dieses nicht tagte, Notstandsgesetze zu erlassen.

Aber trotz dieser Restriktionen wurde das Parlament lebhafter als man angenommen hatte, wobei sich verschiedene Blöcke bildeten - einschließlich arabischer Nationalisten und Islamisten- wobei einige Stämme sogar „Vorwahlen“ durchführten, um Ihre bevorzugten Kandidaten für das Parlament auszuwählen.

Endlose Debatten und Kontroversen – auch wegen der immanenten Spannungen zwischen den gewählten und den von dem Emir ernannten Mitgliedern - führten zu ungültigen Budgets und Verzögerungen bei zahllosen Entwicklungsprojekten. Während die Regierung Unterstützung von ihren bevorzugten parlamentarischen Gruppen erlangte, oft durch die Naturalisierung von weiteren Stämmen als Gegenleistung für Loyalität, so breschte der Emir schließlich vor und löste das Parlament im Jahr 1976 auf. Erst nach der islamischen Revolution in Iran im Jahr 1979 wurde das Parlament, allerdings mit erheblichen Restriktionen, ebenso wie mit Konzessionen an islamistische Kräfte, wieder zugelassen. Im Jahre 1986 wurde es wieder aufgelöst und es blieb geschlossen bis nach dem Trauma der Irak- Intervention und der anschließenden Befreiung. Während dieser Zeit war der einzige Raum für eine gewisse politische Diskussion die traditionelle kuwaitische „Diwaniya“.

Seit seiner Eröffnung im Jahre 1991 ist das Parlament eine ständige Quelle von Streit und wurde mehrmals vom Emir aufgelöst, meistens hauptsächlich, um das so genannte „Grilling“ des Premierministers zu unterbinden. So sind die Beschränkungen des Parlaments offensichtlich und die Herrscherfamilie, unterstützt von den von ihr ernannten Parlamentsmitgliedern, dominiert nach wie vor die Exekutive des Emirats, etwas was man als „neo-patriarchalisches Modell“ bezeichnen könnte.

Im Jahr 2006 durchlebte Kuwait eine schwerwiegende politische Krise, die die sensitive politische Balance in dem Land deutlich vor Augen führte und die die Monarchen in den Nachbarstaaten die Augenbrauen hochziehen ließen.

Der Tod von Emir Sheich Jaber Al-Ahmad Al-Sabah brachte ein Nachfolgeproblem ans Licht, welches Kuwait schon seit langem beschäftigt hatte. Sein Erbe, Scheich Saad Al Abdullah Al-Sabah wurde vom Parlament gezwungen, aus medizinischen Gründen abzudanken. Die Parlamentarier bestimmten dann den frueheren Premierminister, Scheich Sabah Al-Ahmad Al-Jaber Al-Sabah, als Staatsoberhaupt. Indem dieser dann ein anderes Mitglied der Al-Jaber Linie, nämlich seinen Halbbruder Sheich Nawaf zum Kronprinzen ernannte, brach er mit der bisherigen Nachfolgetradition in Kuwait. Denn es stärkte zwar die Position der Al-Jaber Linie innerhalb der Al-Sabah Familie und bekräftigte ihren Anspruch auf die Nachfolge des Emirs, schloss aber die andere wichtige Linie der Al-Salem auf absehbare Zeit aus, was zu einem Riss in der Familie führte.

So kann man spekulieren, wer einmal Kronprinz wird, wenn einmal Scheich Nawaf die Nachfolge des jetzigen Emirs antritt. Kenner der internen Nomenklatura der Al-Sabah Familie gehen davon aus, dass Scheich Nawaf’s Amtsantritt als Emir – trotz oder gerade wegen seiner nicht sehr starken Persönlichkeit- wohl durchgehen wird, dass aber ein Machtkampf innerhalb der wichtigen Familienlinien um die Position des zukünftigen Kronprinzen absehbar ist.

Die Al-Said Familie in Oman

Als Sultan Qaboos Bin Said Al Said , geboren am 18.November 1940, nach langem Krankenhausaufenthalt in Deutschland im Maerz 2015 nach Muscat zurückkehrte, war dies ein großes Ereignis in Oman und spiegelte die zentrale Rolle wieder, die der Sultan spielte, seit er im Jahre 1970 seinen Vater, Said Bin Taimur, absetzte, und seither nahezu alle wichtigen Positionen selbst innehatte und dabei das Land, das im Jahre 1970 nicht einmal ein eigenes Krankenhaus hatte, seither zu Stabilität und Wohlstand führte.

Sultan Qaboos stammt aus der Al-Busaidy Dynastie, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts begründet wurde.

Weiter unten an der Küste des Indischen Ozean gelegen, war die Hafenstadt von Muskat abwechselnd von den Portugiesen, von osmanischen oder persischen Gouverneuren regiert worden, bis im Jahre 1744 Abu Hilal Ahmad Ben Said als Imam von Muskat gewählt wurde, nachdem der persische Einfluss endgültig besiegt war. Nachdem er seine Herrschaft auch über andere Teile Omans ausgedehnt hatte, begründete er die Dynastie der Al Said, und begründete gleichzeitig im frühen 19. Jahrhundert ein Sklavenhandel-Imperium, das sich von der Insel von Sansibar an der Ostküste Afrikas bis Gwadar im heutigen Pakistan erstreckte. Als jedoch die Sklaverei im Jahre 1833 von Großbritannien verboten wurde, sanken die Einnahmen von Al Said, ebenso wie ein Großteil des Handels von Oman mit der britischen Kolonie. Und im Jahre 1856, nach dem Tode des Sultans und einem Nachfolgekampf innerhalb der Familie, intervenierten britische Vermittler und trennten im Jahre 1861das Sultanat von Muskat und Sansibar. Im Jahre 1871 wurde die Dynastie der Al-Said wieder einmal aufgrund britischer Interessen umgeformt. Großbritannien machte sich Sorgen, dass der in Muskat seßhafte Nachfolger des Sultans, Azzam Bin Qais Al-Said, zu mächtig werden würde, nachdem er die Stämme im Landesinneren geeinigt hatte. So unterstützen sie seinen Rivalen Turki Bin Said Al-Said, der folgerichtig den Machtkampf gewann und Oman in ein längeres Bündnis mit Großbritannien manövrierte, so dass seine Nachfolger im Jahre 1908 einen Freundschaftsvertrag mit Großbritannien abschlossen.

Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Politik des Oman, obwohl formell ein unabhängiger Staat, durch Großbritannien dominiert, wobei es nicht nur ursaechlich war für die Abtretung der Gwadar Provinz an Pakistan im Jahre 1958 und für die Niederschlagung der Rebellion in Dhofar in der 1980igern, sondern auch eine zentrale Rolle hatte bei der Einsetzung des gegenwärtigen Sultans spielte.

Während der Vater von Qaboos, Said Bin Timur, in Kämpfe zur Einigung des Landes verwickelt war, Massenemigration von Einwohnern wegen der völligen Isolierung und dem niedrigen Entwicklungsstand des Landes verhindern musste und Attacken von Rebellen ausgesetzt war, sahen die Briten in seinem Sohn Qaboos den größtern Hoffnungsträger für die herrschende Familie. Folgerichtig setzte im Jahre 1970 ein, von den Briten unterstütztes, Arrest-Team - welches sich auf den Konsens des Restes der herrschenden Al Said Familie berief - Sultan Said fest und zwangen ihn, ins Exil zu gehen und zu Gunsten seines Sohnes abzudanken.

Seit dieser Zeit hatte Sultan Qaboos keine direkte Herausforderung seiner Herrschaft zu vergegenwärtigen und ist nun inzwischen das längst dienende Staatsoberhaupt in der arabischen Welt.

Nach dem Putsch von 1970, der in dem Land als „Omans Erwachen (oder Renaissance)“ gefeiert wird, wurden zunächst die Verfassungsdiskussionen vor Gründung der der nördlichen Nachbarn, der VAE, als Vorbild angesehen und wurde etwa auch das Amt eines Premierministers vorgesehen, das dann auch 1971 von dem Onkel des Sultans, Tariq Bin Taimur besetzt wurde. Aber im Gegensatz zu den Herrschern von Kuwait, Bahrain, Katar und die VAE, die alle einen gewissen Vorteil darin sahen, den Posten eines Premierministers zu institutionalisieren, fürchtete der Sultan die Ko-Existenz einer anderen Autorität und schaffte das Amt des Premierministers bereits nach einem Jahr wieder ab. Seit dieser Zeit hat der Sultan, neben seiner unangefochtenen Stellung als Herrscher, in Personalunion auch die Position des Außenministers, des Verteidigungsministers, des Direktors der Zentralbank und des Generalstabschefs inne. Das bedeutete, dass der Royal Court bzw. Diwan des Sultans sehr rasch zu einer Art Super-Ministerium wurde, der für alle Angelegenheiten verantwortlich ist, die direkt mit dem „Nationalen Interesse“ zusammenhängen.

Im Jahre 1990 wurde ein beratendes Gremium – Majlis As Shura - geschaffen, wobei jeder der 59 Stammesdistrikte (wilayat) drei Repräsentanten wählt, unter denen dann der Sultan selbst noch einmal auswählt. Dieses Gremium blieb aber mehr oder weniger zahnlos. Zusätzlich wurde im Jahr 1996 ein Staatsrat (Majlis Ad Dawla) installiert, der parallel zu dem Majlis As Shura agiert und ähnliche Aufgaben hat. Seine Mitglieder sind komplett ernannt, wobei die meisten pensionierte ehemalige Regierungsmitglieder, Militärkommandeure, Richter oder sonstige Berufsgruppen und Persönlichkeiten sind, die der Sultan auswählt.

Der vielleicht größte Unterschied zwischen Oman und den anderen Golfmonarchien ist, dass der Sultan, der nur kurz verheiratet war und kinderlos ist, niemals öffentlich einen Kronprinzen oder Nachfolger ernannt hat. Nichtsdestotrotz hat er, wie gemäß dem Vorbild seiner Nachbarn in der Staatsverfassung verankert, dass auch nach seinem Tode die Dynastie der Al-Said die herrschende Familie bleibt. Ein Artikel in der Verfassung auch sieht vor, dass ein Familienrat der Al-Said (dessen Zusammensetzung offiziell nicht bekannt ist) verantwortlich sein wird für die Auswahl eines Nachfolgers im Falle einer Vakanz. Dieser muss laut Verfassung aus der Dynastie der Al-Said stammen, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein, volljähriger Muslim sein und beide Elternteile müssen Omanis sein.

Kann sich der Familienrat nicht innerhalb von drei Tagen auf einen Nachfolger einigen, soll der Verteidigungsrat – bestehend aus hohen Militärs, den Vorsitzenden des Staatsrates und des Obersten Gerichts sowie zwei der aeltesten Obersten Richter einen Brief öffnen, den Sultan Qaboos hinterlegt hat und in dem er einen oder zwei Kandidaten benannt hat.

Als wahrscheinlichste Kandidaten gelten in Expertenkreisen die Cousins des Sultans, Assad, Haitham oder Shihab Bin Tariq Bin Taimur.

Diese sind auch in der momentanen Phase sicherlich auch die maßgeblichen Kräfte für den Fortgang der Staatsgeschäfte während der verbleibenden Regierungszeit des todkranken Sultans. Dass einer von ihnen, oder ein noch unbekannter Dritter aus der Al-Said Familie, allerdings jemals die einzigartige Machtstellung des derzeitigen Sultans erreichen wird, kann wohl ausgeschlossen werden.

Es würde im Rahmen dieses Artikels zu weit führen, eine umfassende Darstellung von Geschichte und Struktur des Hauses Al-Saud zu leisten, die einzige Familie weltweit, der es gelang, ein ganzes Land – und noch dazu das wohl (neben Ägypten) momentan politisch wichtigste und auf jeden Fall wirtschaftlich stärkste arabische Land nach seinem Familiennamen zu benennen. Dies soll einer gesonderten Darstellung überlassen bleiben.

Im Folgenden daher nur eine kurze „tour d’horizon“ zur Familie Al-Saud:

Waren die bisher beschriebenen herrschenden Dynastien der „Trucial States“ direkte Schöpfungen Großbritanniens und verdankten etwa die Dynastien der Al- Sabah in Kuwait oder der Al-Said in Oman zumindest ihr Überleben britischer Protektion, so profitierte die Dynastie der Al-Saud vom Machtvakuum im damals wirtschaftlich oder geo-politisch keinesfalls interessanten Zentralarabien und auch von der Schwäche des von Großbritannien unterstützten Emir von Mekka.

Im Jahre 1744 wurde ein historischer Pakt geschlossen im Innern der arabischen Halbinsel zwischen einem mächtigen Stamm aus der Provinz Najd, angeführt von Scheich Mohammed Bin Saud und den Anhängern des einflussreichen Predigers Mohamed Abdel Wahab, der eine puristische Form des Islam predigte.

Alle die widerstanden, wurden weggefegt, einschließlich islamischer Führer mit einem „unreinen Lebensstil“ und insbesondere solchen, die mit ausländischen Mächten, wie etwa mit Großbritannien, kooperierten. Schließlich angeführt von der Al-Saud Dynastie wurden sie zu einer religiös-militärische Konföderation, unter der die Wüstenvölker, angespornt durch eine große Idee, sich zu einer gemeinsamen Aktion zusammenfanden und eingedenk des originalen islamischen Konzeptes des „dar al harb“ (das Haus des Islam) kontinuierlich expandierten. Obwohl temporär im frühen 19. Jahrhundert besiegt durch eine von den Mameluken gestellte ägyptische Streitmacht, gelang es der saudisch-wahabitischen Allianz gegen Ende des Jahrhunderts, einen größeren Teil Zentralarabiens zu kontrollieren als jemals zuvor. Im frühen 20. Jahrhundert, nachdem er die Herausforderungen der Al-Rashid, eine Sektion des mächtigen Stammes der Al-Shammar, in der nördlichen Provinz Hail abgeschlagen hatte, konsolidierte der gefeierte Führer Abdel Aziz Bin Saud die saudisch-wahabitische Kontrolle über Riayd und den Rest der Najd Provinz. Kurze Zeit danach dehnte Abdul-Aziz seinen Einfluss auf die östliche Provinz von al-Hasa und schließlich auf die westliche Provinz von Hejaz aus, die bisher von dem von Großbritannien unterstützten Emir von Mekka, Sherif Hussein, regiert wurde, dem Großbritannien vorher als Gegenleistung für seine Unterstützung im Feldzug gegen die Osmanen im Ersten Weltkrieg ein unabhängiges arabisches Königreich versprochen hatte. Im Jahre 1932 schließlich hatte Abdul- Aziz die de facto Kontrolle über den größten Teil der arabischen Halbinsel inne und benannte sein neues Königreich- Saudi-Arabien-nach seiner eigenen Familie und nach seinen Vorfahren.

Zum Zeitpunkt des Todes von Abdul Aziz Ibn Sa'ud im Jahre 1953 war Saudi-Arabien schon ein international anerkannter Staat geworden, wobei die Herrschaft, wenn auch nicht ohne gewisse Turbulenzen, an seine ältesten Söhne ging, zunächst an Faisal, nach dessen Ermordung im Jahr 1975 an Fahd, im Jahre 1996 an Abdullah und 2015 an den jetzigen Koenig Salman Bin Abdelaziz Al-Saud.

Parallel hierzu – und damit die Zentralität des saudisch-wahabitischen Paktes unterstreichend- wird die religiöse Gemeinschaft nach wie vor angeführt von der Al- Sheikh Familie - direkten Nachkommen des Propheten Mohammed. Diese haben auch Schlüsselpositionen in der Regierung, insbesondere in der Justiz mit dem Erziehungswesen und sie unterhalten enge familiäre Beziehungen durch Einheirat mit den Al-Saud, denen sie religiöse Legitimation als „Hüter der heiligen Stätten“ geben.

Seit dem Machtantritt der Al-Saud wurde Saudi-Arabiens Regierung geführt von einem Council of Ministers. Dieser stellt sowohl die Exekutive wie auch die Legislative des saudischen Staates dar, wobei alle seine Mitglieder durch königliches Dekret ernannt werden. 1992 verfügte König Fahd, aufgrund zahlreicher Petitionen sowohl liberaler wie auch konservativer Kreise im Gefolge der Kuwait- Krise und nach dem Zuzug von westlichen Truppen in die Region, eine Zahl von Erlassen, die dazu bestimmt waren, die religiöse Gemeinschaft zu besänftigen und gleichzeitig den Staat transparenter zu machen. Insgesamt bestärkte dieses so genannte „Basic Law“ den islamischen Charakter des Staates und die Geltung der Scharia als Grundlage für jegliche Gesetzgebung, schuf größere Transparenz innerhalb der Regierungsbehörden und trennte die Judikative von anderen Teilen der Regierung, wenn auch mit Richtern, die immer noch vom König ernannt werden.

Gleichzeitig wurde, um einen höheren Grad von Stabilität innerhalb der Herrscherfamilie zu gewährleisten und diese vor Staatsstreichen oder innerfamiliären Streitigkeiten weitgehend zu schützen, eine Reform eingeleitet, indem verfügt wurde, dass die Nachfolgefrage beschränkt ist auf männliche Abkömmlinge von König Abdul Aziz Al-Saud.

1993 etablierte König Fahd eine beratende Körperschaft, den Majlis As Shura, dessen Mitglieder vom König ernannt werden. Auch unter König Abdullah, obwohl dieser anfangs als reformorientiert galt, änderte sich wenig. Der Consultative Council blieb schwach, mit wenig Kontrollmöglichkeiten über die Minister. Als gewisses Zugeständnis an den Arabischen Frühling wurden für 2011 Wahlen verfügt, allerdings mit denselben Restriktionen, ohne weibliche Mitglieder und immer noch die Hälfte der Sitze vom König ernannt. Gleichzeitig wurde die wahabitisch- saudische Allianz weiter festgeschrieben, insbesondere indem verfügt wurde, dass nur vom Staat ernannte Religionsgelehrte aus dem Council von Riad religiöse Fatwas erlassen dürfen. Damit wurde der Einfluss von Religionsführern aus anderen Teilen des Landes reduziert.

Bisher waren Könige immer die direkten Nachkommen von König Abdelaziz (Inn Saud) von 1932-1953 regierte, gefolgt von seinen Söhnen Saud (1953-1964), Faisal (1964-1975, gestorben durch ein Attentat), Khalid (1975-19820, Fahd (1989-2005), Abdullah (2005-2015) und Salman, der letzte leibliche Sohn des Staatsgründers, der seit Anfang 2015 regiert.

Es war in der Geschichte des Hauses Saud immer die Königsfrage im wahrsten Sinne des Wortes, wer wohl von den zahlreichen Nachkommen der Söhne des Staatsgründers die Nachfolge antreten wird, wenn einmal die Generation der Söhne nicht mehr sein wird.

Auch die Generation der Enkel von Ibn Saud ist schon nahezu im Greisenalter, die dritte Generation drängt nach der Macht, ganz zu schweigen von den hunderten von Prinzen und Prinzen, die ebenfalls Ansprüche auf Positionen erheben und – trotz gesunkener Öleinnahmen – ihre wirtschaftlichen Pfründe weiter behalten wollen.

Gravierende Änderungen in der Machtstruktur und der inneren Nomenklatura des Hauses Al-Saud deuten sich an, seit König Salman zwar ein Mitglied der zweiten Generation, Mohamed Bin Nayef Al-Saud, zum ersten Kronprinzen ernannte, gleichzeitig aber – nicht ohne öffentliche Missbilligung maßgeblicher Mitglieder aus dem Hause Saud - seinen Sohn Mohammad Bin Salman Al-Saud zum zweiten Kronprinzen ernannt und ihm auch umfassende Verantwortung für die Verteidigung und die Wirtschaftsentwicklung des Landes übertragen hat.

Seither führte Mohammad Bin Salman Saudi-Arabien und eine Koalition aus anderen Golfstaaten tiefer in den Krieg im Jemen, dessen Ausgang nicht absehbar ist. Gleichzeitig rührt er mit der „Vision 2030“ und dem sog. „National Transformation Plan“ an den Grundfesten des bisherigen „Rentier-Systems“, durch welches die Untertanen bisher mit wirtschaftlichen Wohltaten bedacht wurden.

Ob dem jungen stellvertretenden Kronprinzen, von seinen Anhängern bereits – analog seinem Amtskollegen MBZ in Abu Dhabi – MBS genannt, der Spagat gelingt, die Wirtschaft für die Zeit nach dem Erdöl fit zu machen und gleichzeitig die Stabilität und Legitimität des Hauses Al-Saud zu bewahren, muss die Zukunft zeigen.


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